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Brennelementefertigung nicht genehmigen!

Vom 20.- 21. November hatte das Niedersächsische Umweltministerium zum Erörterungstermin zur Erweiterung der Lingener Brennelementefabrik in die Emslandhallen eingeladen. Bereits um 8:00 am ersten Tag der Erörterung begrüßten die Teilnehmer:innen der Mahnwache vor der Halle einen besonderen Gast, den russischen Präsidenten Vladimir Putin – allerdings nur als überlebensgroße Figur in Pappmache. Die Figur blieb draußen – jedoch war in der Halle die Rolle Putins bzw. des Kremls während der Erörterung greifbar wie der sprichwörtliche rosa Elefant.

Denn es ging bei der Erörterung bei vielen Themen und Fragen, die die Einwender:innen eingebracht hatten, auch insbesondere darum, welche Einflussmöglichkeiten der russische Staatskonzern Rosatom über die Bereitstellung von Lizenzmaschinen für die Fertigung hexagonaler Brennstäbe in der Brennelementefabrik in Lingen hat.

ANF/Framatome will am Standort Lingen im Rahmen einer Produktionserweiterung in Kooperation mit Rosatom hexagonale „russische“ Brennelemente für den Einsatz in Atomreaktoren russischer Bauart produzieren. Dieses Verfahren muss vom amtierenden Umweltminister Christian Meyer (Grüne) genehmigt werden.

Die Antragstellerin und ihre Vertreter konnten bis zum Schluss nicht schlüssig die massiven Bedenken der Einwender:innen ausräumen, dass dieser Einfluss nicht gegeben ist.
Wie können die Lizenzmaschinen betrieben werden, ohne dass die Tochterfirma TVEL von Rosatom, und damit letztendlich der Kreml Möglichkeiten der Einflussnahme hat und die Türen (sowohl physisch als auch digital) für Sabotage und Spionage offen stehen. Die Einwender:innen brachten dafür nachvollziehbare und plausible Beispiele ein, auf welche Weise dies z.B. mit hochintelligenter Software möglich, ohne dass dies trotz umfangreicher Schutzmaßnamen und detaillierter Prüfung verhindert werden kann. Hingewiesen wurde auf den komplexen Virus Stuxnet vor einigen Jahren in iranischen Forschungsreaktoren als auch auf die kürzlich durch Software ausgelösten Explosionen von Pagern im Libanon.

Auch dass bei möglichen Problemen an den Maschinen dies außerhalb des Werkgeländes behoben werden soll und dann in der Fertigung nur nach umfangreichen begleitenden Prüfungen durch die Aufsichtsbehörde wieder aufgebaut werden kann, damit „ausländisches“ Fachpersonal keinen Zutritt in Brennelementefabrik bekommt, ist dann doch eher eine skurrile Lösung, deren Handhabung viele Fragen und Zweifel bezüglich von Sicherheit und Ausschluss von Sabotage und Spionage offen lässt.

Auch beim Thema Umgang mit radioaktivem Müll und dessen Entsorgung und Endlagerung erstaunte es, wie selbstverständlich seitens der Antragstellerin Framatome/ANF davon ausgegangen wird, das hierfür Schacht KONRAD zur Verfügung stünde. Bei der Entsorgung ist es allerdings auch Ziel der Firma, möglichst viel belastetes Material freizugeben, so dass auf konventionellen Mülldeponien „entsorgt“ werden kann. Hierzu nahm die Vertreterin der AG Schacht KONRAD eindeutig Stellung, dass es noch vollkommen offen ist, ob Schacht KONRAD jemals in Betrieb ginge. Das Unternehmen sei auf jeden Fall angehalten, sich um eine sichere und strahlungsbelastungsarme Lagerung zu kümmern, z. B. durch frühzeitige Konditionierung der radioaktiven Abfälle und sorgfältige Messung und Handhabung von belasteten Abfällen im Freigabeprozess.

Als Resümee sind die Vertreter:innen der Anti-Atom-Organisationenn sich einig, dass sie ihre in den Einwendungen eingebrachte Argumente und Bedenken im Erörterungstermin fundiert erläutert und begründet haben. Damit verbinden sie die Forderung, dass der Antrag auf Erweiterung der Brennelementefabrik abzulehnen ist. Und die Forderung nach einer endgültigen Stilllegung der kompletten Brennelementefabrik hat darüberhinaus nachwievor Bestand!

Dauer der Erörterung: 3 Tage / ca. Stunden

Einwender:innen: mehr als 100 Einzeleinwender:innen und Vertreter:innen atompolitischer Initiativen (Bündnis AgiEL – Atomkraftgegner*innen im Emsland, .ausgestrahlt, Sofortiger Atomausstieg Münster, Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD vertreten mit 3 Einwender:innen)

Auf dem Podium: Vertreter:innen der verschiedenen Verantwortungsbereiche des Niedersächsischen Umweltministerium (NMU), Moderation und Versammlungsleitung
Vertreter des Bundesumweltministerium Umwelt und Verbraucherschutz
Vertreter des TÜV Nord (Beauftragte Experten der Genehmigungsbehörde NMU
Vertreter von Framatome/ANF

Behandelt wurden 11.000 Einwendungen (in Form von Einzel- und Sammeleinwendungen)
10 Themenbereiche mit über 30 Unterpunkten ua.:

  • Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter (SEWD)
  • Gefährdung der inneren und äußeren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch Einflussnahme des russischen Staates
  • Zuverlässigkeit und Fachkunde von Antragstellerin und Personal
  • Außenwirtschaft
  • Anlagensicherheit der Brennelementfertigungsanlage Lingen (BFL) – u.a. Alterung der BFL , meldepflichtige Ereignisse und Sicherheitskultur, Risiken durch Uranhexafluorid (UF6)
  • Ereignisanalyse
  • Radiologie
  • Entsorgung, Freigabe, Endlagerung
  • Einzelfragen wie Transporte, Gesundheitsschutz und Katastrophenschutz

weitere Infos:

dieser Beitrag ist zuerst erschienen bei www.ag-schacht-konrad.de

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Marianne Neugebauer

Marianne Neugebauer / AG Schacht Konrad