Treck Macht Schule
Dienstag, früher Nachmittag. Kunstunterricht in der Freien Schule. Plakatkunst ist das Thema. Die 14 Schülerinnen und Schüler der 12. Klasse debattieren, skizzieren, notieren. Ihre Lehrerin Margret Meier hält sich sehr zurück. Ganz bewusst, denn die Gestaltungsideen sollen allein von den Jugendlichen kommen. Die Klasse hat sich vorgenommen, einen Anhänger des Bauern Fritz Pothmer zu gestalten. Der wird in Berlin die Rede für die Bauern halten. 30 Jahre zuvor am Ende des legendären Hannover-Trecks sprach sein Vater Heinrich vor den 100.000 Menschen.
Die Freie Schule Hitzacker liegt direkt an den Gleisen der Bahnstrecke Lüneburg-Dannenberg-Ost, auf denen – in der Regel im November eines Jahres – der Castortransport bis zur Verladestation in Dannenberg rollt. Rollt der Castor, ist ein regulärer Unterricht unvorstellbar. Hubschrauber knattern in der Luft, die Schienen werden ausgeleuchtet. Patrouillen kontrollieren den Bahnkörper. Polizeieinsatz und -kessel auf dem Schulgelände – alles schon gesehen.
In diesem Jahr fällt der Transport aus, weil die Gesellschaft für Nuklearservice, nicht genügend Behälter auftreiben konnte. Dafür rollen die Trecker der Bäuerlichen Notgemeinschaft nach Berlin, und die 12. Klasse hat sich vorgenommen, einen Beitrag dafür zu leisten. Zugeschnittene Sperrholzplatten wurden in der Mittagspause von der Baufirma Hoppe und Stolt angeliefert und sind schon geweißt. Sandro und Martin gehen mit der Farbrolle noch mal drüber. Während die Platten in der Sonne trocknen, werden Ideen gesammelt. „Letztes Jahr auf Klassenreise in Berlin haben wir im Reichstag T-Shirts mit dem Aufdruck Gendreck weg- weltweit getragen. Als eine gemeinsame Aktion könnte das schemenhaft, als Schattenbild der Klasse nachgebildet werden und so als Folie für eine Gestaltung dienen“, sagt eine Schülerin. „Aber es ist noch unklar, im Übrigen soll es eine Überraschung werden, auf jeden Fall ginge da um gemeinsames, solidarisches Handeln“, ergänzt eine andere. Lebensnaher Unterricht. Plakatkunst. Treck Macht Schule.
Und was sagen die anderen in der Schule dazu? Kunstlehrerin Margret Meier:“Natürlich habe ich das mit dem Kollegium abgestimmt, und wer nicht mitmachen will, bekommt andere Aufgaben“. Nur wenige denken, dass sie in Berlin dabei sein können. Zu teuer. Was sie noch nicht wissen: die Grüne Liste Wendland, die im Kreisparlament vertreten ist, spendiert 1000 Euro für einen SchülerInnen-Bus nach Berlin. Campiert wird auf einem Freibadgelände in der Nähe des Hauptbahnhofs. Wär´ doch zu schön, wenn die 12. Klasse der Freien Schule Hitzacker mit dem Schülerbus nach Berlin fahren würde und dort dem Produkt ihres Unterrichts wieder begegnete…
Übrigens: Auch in der Berufsschule in Lüchow wird gewerkelt. Dort werden Stempel gefertigt, sehr staatstragend, „Ordner“ für 1000 Armbinden, tja, Ordnerinnen und Ordner aller Länder, meldet euch für Berlin!