Krümmel soll 2011 wieder ans Netz – wenn´s nach Vattenfall geht

13.000 Luftballons stiegen in die Luft. Sie waren nicht bunt, sie waren schwarz-gelb – ein doppelte Symbolik: es sind die Warnfarben für Radioaktivität und die Warnfarben für die Berliner Koalition, die gewillt ist, den Stromkonzernen mit der geplanten Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke Millionen Extraprofite in die Kassen zu spülen. Campact hatte zu dieser Aktionsidee eingeladen, 300 Menschen waren dabei, als das 25 Meter breite Radioaktivätszeichen – die 13.000 Luftballons – in den Himmel stiegen. Wohin der Wind sie weht, dort hin weht auch eine radioaktive Wolke, nicht nur, wenn es zu einem Reaktorunfall käme.

Vor drei Jahren war der Norden geschockt. Feuer im Atomkraftwerk Krümmel. Ein Trafo steht in Flammen, Schnellabschaltung. Es folgten drei Jahre Pleiten, Pech und Pannen inklusive eines Anfahrversuchs mit erneuter Schnellabschaltung im Sommer 2009. Jetzt will Betreiber Vattenfall den Reaktor nach umfangreichen Reparaturarbeiten Anfang 2011 wieder ans Netz bringen.

„Wir haben 380 Millionen Euro investiert“, sagt Vattenfall-Sprecherin Barbara Meyer-Bukow. Das kann nicht beruhigen und unabhängig vom Streit um die Verlängerung von Laufzeiten, ist sogar bei den Landespolitikern in Schleswig-Holstein die Zukunft des Kraftwerks höchst umstritten.

Seit der jüngsten Schnellabschaltung gehört selbst Ministerpräsident Peter Harry Carstensen von der atomfreundlichen CDU zu den Skeptikern. Er stellte Vattenfall-Vorstandschef Tuomo Hatakka sogar ein Ultimatum. Die Mängel müssten endlich gründlich beseitigt werden, sonst drohe das Aus. Carstensen damals: „Das ist der letzte Versuch, den er hat. Sonst kümmere ich mich persönlich darum, dass das Kraftwerk abgeschaltet wird.“ Die Atomaufsicht des Landes legte Vattenfall ein dickes Maßnahmenpaket auf, das es für das Unternehmen abzuarbeiten gilt. Schau´n wir mal!

So kritisch sind allerdings längst nicht alle in der Union. „Ich habe da
persönlich eine andere Meinung“, sagt der Energieexperte der CDU-Landtagsfraktion, Jens Magnussen. In seinem Wahlkreis Brunsbüttel betreibe Vattenfall schließlich ein Atomkraftwerk, das ohne Probleme laufe, sagte Magnussen. Er erwarte daher, dass der Energiekonzern die Mängel behebt und den Reaktor Anfang kommenden Jahres wieder anfahren kann. Ja, da bleibt uns zwar die Spucke weg, denn das AKW Brunsbüttel, das angeblich problemlos funktioniert, steht wegen der Dauerstörfälle ja auch seit drei Jahren still. Oder meint Magnussen Brokdorf? Da soll er sich in seinem Wahlkreis doch mal umhören, bevor er weitere Interviews zum Thema gibt.

Wolfgang Ehmke

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