Ein Zeuge erinnert sich (nicht)
Atomendlager Gorleben: Ergebnis politischer Mauschelei?
Seit 30 Jahren wird um Gorleben gestritten wie um kein zweites Bauprojekt. Und seit anderthalb Jahren erforschen Abgeordnete, wie es zur Entscheidung für den Standort kam. Was sie feststellen, ist ernüchternd.
Was genau sich zugetragen hat in jenem November 1976, lässt sich nur schwer rekonstruieren. Deutschland sucht damals einen Standort für ein Atomendlager, samt Wiederaufarbeitungsanlage. Lange ist unklar, wo das sein soll.
Doch dann ist Gorleben im Spiel, nach einem Treffen diverser Bundesminister mit Vertretern der niedersächsischen Landesregierung. „Hier gelingt es mir, Lüchow-Dannenberg als 4. Möglichkeit aufnehmen zu lassen“, notiert der damalige niedersächsische Finanz- und Wirtschaftsminister Walther Leisler Kiep nach dem Treffen in seinem Tagebuch. Wenig später legt sich das niedersächsische Kabinett auf Gorleben fest, obwohl die Bundesregierung lange Vorbehalte gegen den DDR-nahen Ort hat. So nehmen die Dinge ihren Lauf.
Nun sitzt der 85-Jährige, der auch im CDU-Spendenskandal eine Rolle gespielt hatte, im rundlichen Sitzungssaal des Gorleben Untersuchungsausschusses: sauber gescheitelt, grauer Anzug, den Siegelring am kleinen Finger. Und sagt erst
einmal, dass er nichts sagen kann. „Ich führe ein sehr genaues Tagebuch“, sagt Kiep. „Aber heute bin ich schlecht dran, weil ich mit der Gorleben-Geschichte nichts zu tun habe.“
Eintragungen zum Thema Gorleben habe er nicht vorgenommen. Und dem Treffen habe er auch nicht beigewohnt. „Ich kann mich nicht erinnern“, sagt Kiep. „In meinem Alter lässt natürlich auch das Gedächtnis nach. Da verblasst vieles.“
Quelle / Originallink: http://www.sueddeutsche.de/wissen/atomendlager-gorleben-ergebnis-politischer-mauschelei-1.1153396