Blockiert, beraten und gefeiert

Mehrere hundert Demonstranten bei friedlicher Protestaktion am Erkundungsbergwerk Gorleben: „Wie viele Menschen es gestern waren, die am Gorlebener Erkundungsbergwerk demonstrierten und zeitweise sämtliche Zufahrtswege blockierten, ist schwer zu sagen. Es war ein ständiges Kommen und Gehen, viele Protestierer blieben die ganze Zeit über in Bewegung, umrundeten das Bergwerksgelände ein ums andere Mal“, heißt es in einem Bericht der Lokalpresse. In Bewegung bleiben war das Motto bei Minusgraden und Schneefall.

Diese Bewegung mag auch die unterschiedlichen Teilnehmerzahlen erklären, die von Polizei und Veranstalter kamen: Rund 120 schätzte die Polizei, mehrere hundert sagt Steffi Barisch, Sprecherin der Aktion »Gorleben 365». Zufriedenstellend auf jeden Fall für einen frostigen Werktag fern ab von Castor-Transporten oder Ministerbesuchen, heißt es von der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI). Die hatte in Person von Kerstin Rudek den Startschuss zu dem Protest-Nachmittag am Erkundungsbergwerk gegeben. Von einer Anhänger-Bühne aus bekräftigte sie erneut, dass nach Ansicht der BI »unten im Salzstock munter weitergebaut wird», also kein Ausbaustopp herrsche, wie von den Verantwortlichen verkündet. Und auch die »seit eineinhalb Jahren propagierte Geschichte, man wolle von Gorleben abrücken» sei mit Vorsicht zu genießen, so Rudek. Alles, was derzeit auf politischer Ebene in Sachen Gorleben passiert, reiche nicht aus, um Gorleben als potenzielles Atommüllendlager auszuschließen, und im Endeffekt »könnte es dann doch wieder an Gorleben klebenbleiben», betonte Kerstin Rudeck.

Und sogar Zeit für einen kurzen Rückblick nahm sich die BI-Vorsitzende, trotz der Kälte: »Wir haben es geschafft, dass hier noch kein Gramm Atommüll eingelagert wurde, und das ist ein Grund zu feiern», sagte Rudek. Und gefeiert wurde dann auch, allerdings erst einige Stunden später im Gasthaus Wiese in Gedelitz.

Zuvor hatten sich nach der Rede von Kerstin Rudek die Demoteilnehmer zum obligatorischen Spaziergang um das Bergwerksgelände aufgemacht, in dessen Verlauf sich jedoch vor jeder Zu- und Ausfahrt Menschen niederließen, einige ketteten sich sogar an. An der Hauptzufahrt zu dem Gelände, dem Tor drei, waren Polizeifahrzeuge so geparkt und Polizeibeamte so postiert, dass die Demonstranten nicht an das Tor gelangen konnten. Die ließen sich dann stattdessen davon nieder, auf mitgebrachten Strohsäcken und Iso-Matten.

Nachdem diese Blockade beim Schichtwechsel für eine lange Schlange wartender Autos auf dem Bergwerksgelände sorgte, kündigte die Polizei an, die Blockierer räumen zu wollen, doch nachdem sich nach der dritten Aufforderung, den Weg frei zu machen, noch immer niemand von Fleck rührte, leiteten Polizei und Werksschutz die Autokolonne einfach durch ein anderes, zu dem Zeitpunkt noch unblockiertes Tor hinaus.

„Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten gab es nicht, und bis auf einen Radfahrer, der auf dem Heimweg auf einer Pfütze ausrutschte und sich das Knie aufschlug, auch keine Verletzten. Allerdings gabe es einige Demonstranten, die sich unterkühlten, denn trotz gut organisierter Logistik mit Heißgetränken, heißen Waffeln und Feuertonnen, zog die Kälte doch vielen bei der mehrstündigen Aktion in die Glieder“, resümiert die Elbe-Jeetzel-Zeitung.

Nach der Blockade riefen die BI und andere Gruppen in Gedelitz zum »Großen Ratschlag». Dabei ging es vor allem um »den Fahrplan für die kommenden Monate», so Kerstin Rudek. Um Aktionen und Kampagnen, um Gorleben endgültig von der Liste möglicher Atommüll-Endlager zu streichen. Und man wollte beraten, wie man den Besuch von Niedersachsens neuem Umweltminister Dr. Stefan Birkner am 3. Februar in Gorleben begleiten will: »Entweder bereiten wir ihm einen gebühreden Empfang, oder wir beachten ihn einfach nicht und schauen uns nur aus der Ferne an, was er hier so treibt», sagte Kerstin Rudek.

Textquelle: http://www.ejz.de, 28.01.2012