Birkner kneift – GNS hält an Ausbauplänen fest

Der niedersächsische Umweltminister Stefan Birkner (FDP) kneift. Weil wir uns auf eine öffentliche Debatte mit ihm konzentrieren wollten und deshalb keine Einladung an einen Vertreter des BMU auf den Weg gebracht haben, sagt er die zugesagte öffentliche Diskussion in Dannenberg ab. Dabei hätte es wirklich Sinn gemacht, über den Gorleben-Komplex zu reden, denn die Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) hält an den Ausbauplänen für Gorleben fest. Ein „Prüf- und Qualifizierungsgebäude“ soll auf einer Grundfläche von 6.500 Quadratmetern errichtet werden. Die GNS begründet den Bauantrag mit der Notwendigkeit, dass schwach- und mittelradioaktive Abfälle endlagergerecht verpackt werden müssen, sie sollen ab dem Jahr 2019 zum Schacht Konrad transportiert werden.
Stück für Stück bekommt das ursprünglich einmal geplante „Nukleare Entsorgungszentrum“ Gorleben entgegen allen offiziellen Verlautbarungen Kontur: Fasslager, Castorhalle, Pilotkonditionierungsanlage und eine Verpackungsanlage für die schwach- und mittelaktiven Abfälle – Strahlenbelastung hin, „verlorene Mädchen“ her. Dass bei der geplanten „ergebnisoffenen“ Suche nach einem Endlager die nukleare Infrastruktur in Gorleben eine Rolle  spielen wird, liegt auf der Hand.

Zur Pilot-Konditionierungsanlage (PKA): Am 12.11.97 schlossen das Land Niedersachsen und die GNS nach einem Rechtsstreit eine Vereinbarung, in der sich das Land verpflichtet, bei einer Konzeptänderung der PKA von einer Erprobungsanlage zur Herstellung endlagerfähiger Gebinde zu einer kommerziellen Anlage zur Optimierung der Zwischenlagerung sowie bei der Änderung von Abgabewerten auf eine erneute Überprüfung der Genehmigungsfähigkeit zu verzichten. Auch eine Nichtnutzung der Anlage darf nach der Vereinbarung nicht zum Entzug der Genehmigung führen, wie es nach einer Frist von zwei Jahren laut Atomgesetz möglich wäre.
Gorleben ist u.a. deshalb als Endlagerstandort überhaupt nicht vom Tisch. Da in einem künftigen Endlager für hochradioaktive Abfälle auch der Müll gelagert werden soll, für den der Schacht Konrad bei Salzgitter nicht ausgelegt ist, schafft die GNS jetzt die Infrastruktur. Schließlich hält die Atomfirma auch 75 Prozent der Anteile bei der Baufirma auf dem Endlagergelände!
Und außerdem: Auf Gorleben kommt noch mehr hochradioaktiver Müll zu als bisher geplant, das berichtete vor kurzem die Aachener Zeitung. Geplant ist ein sogenanntes Swapping, ein „Müll -Tausch“: Wegen fehlender Entsorgungsmöglichkeiten musste das Forschungszentrum Jülich in den Jahren 1992/93 insgesamt 176 abgebrannte Brennstäbe aus den beiden Forschungsreaktoren (DIDO und Merlin) zur Wiederaufarbeitung nach Dounreay (Schottland/UK) bringen. Neben dem Forschungszentrum Jülich haben auch die meisten anderen Betreiber deutscher Forschungsreaktoren ihre abgebrannten Brennstäbe nach Dounreay abgegeben.
Entsprechend der Verträge zwischen der Wiederaufarbeitungsanlage und den Betreibern müssen die in 560l-Fässer einzementierten Wiederaufbereitungsabfälle der deutschen Forschungsreaktoren von Deutschland auch zurückgenommen werden. Mangels Platz in Jülich ist demnach daran gedacht, anstelle dieser 55 Fässer hochradioaktiven Müll nach Deutschland zu bringen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung koordiniert die Aktivitäten zur Rückholung der entsprechenden Abfälle und kündigte für die nächsten Wochen entsprechende Verhandlungen an, erfuhr die Bürgerinitiative Umweltschutz.
Damit würde Dounreay dem Beispiel Sellafields folgen, denn auch aus der britischen Wiederaufarbeitungsanlage sollen nicht 20, sondern 21 Castor-Behälter mit hochradioaktivem Müll nach Gorleben rollen, und zwar aus dem gleichen Grund: Um die Müllmenge und das Transportaufkommen zu reduzieren wird hochradioaktiver Müll nach Gorleben gebracht, kündigte die Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) bereits im vergangenen Jahr an.
Angeblich – so hatten der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) und sein damaliger Amtskollege Hans- Heinrich Sander (FDP) übereinstimmend behauptet – sollte mit dem 13. Castor-Transport im Herbst letzten Jahres Schluss sein, nun gehen nicht nur die Ausbaupläne für Gorleben weiter und ab dem Jahr 2014 könnten die Castoren wieder Gorleben anfahren.
Gorleben wird nicht eingemottet, der Standort wird ausgebaut. Dazu sollte der neue niedersächsische Umweltminister Stefan Birkner (FDP) öffentlich Stellung beziehen, wenn er wieder ins Wendland kommt.
Wolfgang Ehmke