Pressemitteilung der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V.

NBG – Chef Grunwald löst Irritationen aus

Armin Grunwald ist einer der Vorsitzenden des Nationalen Begleitgremiums (NBG), das den Endlagersuchprozess begleitet und dabei eine Vermittlerrolle zwischen Behörden und Zivilgesellschaft spielt. Nun irritierte Grunwald, im Hauptberuf Physiker und Philosoph am Karlsruher Institut Technologie, durch Aussagen zu einer möglichen Weiternutzung der Atomkraft.

Er sagte in einem  WDR -Interview (ab ca. Minute 16) mit Blick auf die europäische Debatte um die Einordnung der Atomenergie als vermeintlich saubere Energiequelle, er könne sich für einige Länder durchaus eine Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken vorstellen. Von einer „Brückentechnologie“ ist im WDR-Beitrag die Rede.

Ähnlich hatte sich schon die EU-Ratspräsidentin Ursula von der Leyen geäußert, die Atomkraft bezeichnete sie als eine Säule der Energieerzeugung: „We also need a stable source, nuclear, and during the transition, gas. This is why we will come forward with our taxonomy proposal.“  Sie kommt auch in dem WDR-Beitrag entsprechend zu Wort.

Quelle: twitter, etwa ab Minute 1:30 bis 2:20

Für die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) sind diese Stellungnahmen ein „No-Go“.

„Derartige Stellungnahmen kannten wir bisher nur von dem Pro-Atom Verein Nuklearia. Von der Leyen und Grunwald blenden dabei das Reaktorrisiko völlig aus. Schließlich war der SuperGAU in Fukushima-Daiichi der Grund für den raschen deutschen Atomausstieg, die Risikobewertung wurde sogar unter Angela Merkel neu austariert“, erinnert BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.

Hinzu käme, dass mit dem weiteren Betrieb von Atomkraftwerken, egal in welchem Land, sich auch die Atommüllproblematik verschärfe.

Grunwald stelle sich als Co-Vorsitz des NBG in der Debatte um die sogenannte EU-Taxonomie, die aus Sicht von Ländern wie Frankreich und Polen den Weg für Investitionen in die Atomkraft eben soll, nicht nur gegen die Umweltverbände und Anti-Atom-Initiativen, er stellt sich diametral gegen das Gutachten des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung  (BaSE). Das BaSE hatte sich klar positioniert und gegen die Absicht einiger europäischer Staaten ausgesprochen, die Atomkraft als nachhaltig einzustufen.  Entsprechend äußerte sich auch der Präsident des BaSE, Wolfram König, in einem Gastbeitrag in der Gorleben Rundschau.

„Armin Grunwald spricht hoffentlich nicht für das NBG. Wir sehen da großen Klärungsbedarf, auch mit Blick auf die weitere Zusammenarbeit mit dem NBG“, so BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.

Ihm dürfte als Wissenschaftler auch nicht entgangen sein, dass die Bereitschaft der Atomkraftkritiker:innen, sich konstruktiv in die Debatte um die nukleare Entsorgung einzubringen, von dem klaren, endgültigen Aus der Atomkraft abhänge. Sogar in der Forschung wurde auch für weite Teile der Bevölkerung dieser Konnex ausgemacht (1).

Wolfgang Ehmke, Pressesprecher, Tel.: 0170 510 56 06

https://www.bi-luechow-dannenberg.de/2021/10/27/cop26-atomkraft-ist-keine-alternative/

  • Peter Hocke, Armin Grunwald (Hg.): „Wohin mit dem radioaktiven Abfall. Perspektiven für eine sozialwissenschafliche Endlagerforschung.“ Berlin 2006. Seite 206 ff

 

Stellungnahme Armin Grunwald, Ko-Vorsitzender Nationales Begleitgremium

 

„Kürzlich habe ich im WDR Fernsehen ein Interview anlässlich der EU-Pläne zur Einstufung der Kernenergie als nachhaltig gegeben. Dieses Interview hat in einigen Kreisen Wellen geschlagen. Daher möchte ich erstens kurz den Inhalt rekapitulieren und zweitens zu der laufenden Kritikwelle Stellung beziehen.

In dem Interview, besser gesagt, in den ausgestrahlten Teilen eines längeren Interviews, habe ich folgende Aussagen gemacht, die sich in den Wortlaut hinein nachverfolgen lassen:

  1. Die Aussage, dass Kernenergie nachhaltig sei, nur weil im Betrieb eines Reaktors kein CO2 freigesetzt wird, stimmt so nicht. Als Argumente habe ich den Uranbergbau und die Probleme der Abfallbehandlung sprich Endlagerung genannt
  2. In Ländern, die stark auf die Kernenergie gesetzt haben, könne unter Klimaaspekten eine Laufzeitverlängerung unter Umständen eine sinnvolle Option sein
  3. Subventionen des Neubaus von Kernreaktoren mit Steuergeldern, um billige Energie zur Verfügung zu haben, ist keine verantwortbare Option.

Die Kritik an meinen Aussagen hat, auch weil diese von mir als Ko-Vorsitzenden des NBG kamen, Sorgen um das deutsche Standortauswahlverfahren geäußert. Diese Sorgen sind aus meiner Sicht unbegründet.

Die Punkte 1 und 3 dürften auch von den Kritikern geteilt werden. Darauf hat sich zumindest niemand kritisch bezogen. Der Punkt 2 hingegen scheint die Ursache von Kritik und Sorgen zu sein. Hier geht jedoch eindeutig sowohl aus meinen Formulierungen als auch aus dem Kontext des Interviews hervor, dass Deutschland gar nicht gemeint sein konnte. Von daher halte ich den hergestellten Zusammenhang mit dem deutschen Standortauswahlverfahren für absolut gegenstandslos.

Für die deutsche Situation stehe ich hinter der Position des Nationalen Begleitgremiums, das am 5.6.2019 eindeutig festgestellt hat: „Wer jetzt einer Verlängerung der Laufzeiten das Wort redet, bringt den Klimaschutz nicht voran. Aber er setzt leichtfertig den erzielten Kompromiss zum Ausstieg aufs Spiel und gefährdet das schwierige Unterfangen, einen Standort für die Endlagerung der hochradioaktiven Abfälle zu finden.“ Diese Erklärung hat das NBG in seiner Sitzung am 5. November auch mit meiner Stimme bestätigt.

Ich beanspruche nicht, dass andere meiner Meinung sind. Ich erwarte allerdings, dass Kritik, gerade öffentliche Kritik, sich auf die tatsächlich geäußerten Inhalte bezieht und nicht auf Mutmaßungen und Umdeutungen. Dies ist Voraussetzung für eine Kommunikationskultur in gegenseitigem Respekt, die für den Aufbau von Vertrauen in den Standortauswahlprozess unabdingbar ist. Dafür steht das Nationale Begleitgremium, dafür stehe ich.“

 

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