Pressemitteilung der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V.

Über „Reflexe“ und über Skepsis

Ein Modewort hat sich bei der Berichterstattung der EJZ eingeschlichen, wenn es um Forderungen des Gorleben-Widerstands im Zusammenhang mit dem Standortauswahlgesetz (StandAG) geht. Ablehnung wird als erwarteter „Reflex“ bezeichnet, so zuletzt in dem Bericht über den Besuch des niedersächsischen Umweltministers Stefan Wenzel (Grüne) in Lüchow, wo er vor dem Kreisatomausschuss des Landkreises Stellung bezog (EJZ v.5.7). Das ist nicht nur ein lokales Problem. Wie oft mag auch an anderer Stelle in Redaktionen gedacht werden, „ach, das schon wieder“ und „oje, und die nun wieder“. Gorleben? Ab in die Ablage, da hat sich doch alles erledigt. Dazu muss trotz des laufenden „Tagesgeschäfts“ doch mal eine Anmerkung erlaubt sein…

Der „Reflex“ ist das Gegenstück zu Nachdenklichkeit, Hintergründigkeit und Differenziertheit. Wer kennt nicht den „Pawlowschen Reflex“? Und diese Allusion klingt an, wenn unsere Stellungnahmen als „Reflex“ bezeichnet werden. Allerdings: Dieser jahrzehntelange „Reflex“ hat dazu geführt, dass ein mögliches Endlager in Gorleben nicht schon 1999, wie einmal geplant, in Betrieb genommen wurde, sondern dass ein Suchprozess nun – angeblich – ganz neu gestartet wird und dass mit einer Inbetriebnahme einer solchen Deponie nicht vor 2050 gerechnet wird. Da wird man doch schon Fragen stellen dürfen? Gern auch immer wieder und wiederholt, bis es keiner mehr hören kann, weil es keine oder keine zufriedenstellenden Antworten gibt, zum Beispiel wie es um die Fehleranalyse in Sachen Asse II und Gorleben steht.

Die Auseinandersetzung um Gorleben ist unglaublich vielschichtig. Wo ist der Mangel an Differenziertheit? Ich nenne es Skepsis. Da wird die Endlagersuche angeblich neu gestartet, aber in dem StandAG wird Gorleben fortgeschleppt. Warum? Um den Salzstock im Nachhinein als potentielles Endlager zu legitimieren, sagen wir. Falsch? Und alles, was darauf hin deutet, steht im Fokus unserer Arbeit. Der Rahmenbetriebsplan als ein wichtiges Instrument der Durchsetzung Gorlebens wurde erst nach zähem politischen Widerstand und durch jahrelange Prozessführung der Grundeigentümer und Besitzer von Salzrechten zurückgezogen. Jetzt wird ein Offenhaltungsbetrieb in Gorleben debattiert. Wir haben das Fernziel, dass Gorleben zur „grünen Wiese“ wird vor Augen. Darf das nicht mehr gesagt werden? Ist das nur noch ein „Reflex“?!

Die bisher favorisierte Variante, dass der Erkundungsbereich I geräumt und abgesperrt wird, ist nach Aussagen des Bundesumweltministeriums die kostengünstigste Variante. Es wird zugleich suggeriert, dass Gorleben Stück für Stück aufgegeben wird. In Wirklichkeit kann man mit dieser Variante eines Tages auch wieder durchstarten. Es heißt, bis 2031 mindestens sei ein solcher Offenhaltungsbetrieb nötig und die offenen Bereiche in diesem Bereich würden „zuwachsen“. Das ist nicht nur „kostengünstig“, sondern auch politisch billig. Denn was wird dann aus dem aufgehaldeten Salz? Das bleibt schon mal auf Halde liegen. Wäre es nicht viel sinnvoller, die Stollen und Strecken zu verfüllen? Und das aus zwei Gründen: Das aufgehaldete Salz ist ein Eingriff in die Natur. Das Verfüllen des Erkundungsbereiches I und der Gruben bis hin zu den Schächten sichert auch Arbeitsplätze der Bergleute, die bei dem ganzen Hin und Her um Gorleben sprichwörtlich auf der Strecke bleiben.

Wir übersehen nicht, dass im StandAG die Offenhaltung Gorlebens festgeschrieben ist, und drängen deshalb auf eine schnelle Evaluation des Gesetzes, damit Gorleben wirklich zur „grünen Wiese“ werden kann. Den Anfang kann man jetzt machen, ohne gegen die Buchstaben des Gesetzes zu verstoßen, indem alles verfüllt wird bis hin zu den Schächten.

Scheitert das StandAG, auch von einer solchen Variante muss man ausgehen, dann ist da noch das Planfeststellungsverfahren aus dem Jahr 1977 zur Errichtung eines Endlagers im Salzstock Gorleben. Aus dem Plan B, wie wir es sagen, wird in der EJZ (7.7.) ein „angeblicher“ Plan B. Warum wird der Antrag nicht zurückgezogen, wenn uns doch seitens des niedersächsischen Umweltministeriums und seitens des Bundesamtes für Strahlenschutz gesagt wird, mit dem StandAG sei dieses Verfahren „obsolet“. Das sehen wir auch so, nur – es passiert nichts. Seit einem Jahr korrespondieren wir diesbezüglich mit den zuständigen Behörden und werden hingehalten. Nicht zum Aushalten! Und wenn es nur ein Akt politischer Hygiene wäre, die „alte Gorleben-Geschichten“ abzuarbeiten – wir sind hartnäckig und bleiben auch an diesem Punkt skeptisch. Schlimm genug, dass uns Gorleben nach all den Erkenntnissen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu diesem Standort immer noch als „Option“ untergeschoben werden soll. Da erscheinen die alten Geschichten in neuem Schlauch. Soviel zum „Reflex“.

Wolfgang Ehmke 0170 510 5606

 

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