Pressemitteilung der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V.
Fünf von 9 Experten waren gegen Gorleben
„Wer die Ergebnisse der Erkundung in den 80er Jahren ernsthaft studiert, kommt zu dem Ergebnis, Gorleben hätte längst aufgegeben werden müssen.“ – Drei Wochen vor dem Treck der Bauern nach Berlin zur Anti-Atom-Demo am 5. September lebt die Debatte um die Wahl Gorlebens als Standort für ein „Nukleares Entsorgungszentrum“ vor 32 Jahren wieder auf. Vor allem die Eignung des Salzstocks Gorlebens als Deponie für hochradioaktive Abfälle ist äußerst umstritten.
Als „zweite Wahl“ bezeichnet der Geologe Gerd Lüttig Gorleben, die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) geht einen Schritt weiter: „Wer die Ergebnisse der Erkundung in den 80er Jahren ernsthaft studiert, kommt zu dem Ergebnis, Gorleben hätte längst aufgegeben werden müssen.“
Fünf von 9 Experten hatten 1984 nach Auswertung der Tiefbohrergebnisse vor dem Innenausschuss des Bundestages von Gorleben abgeraten.
Als wichtiger Zeitzeuge gab der mittlerweile emeritierte Geologie-Professor Dr. Gerd Lüttig, in einem Interview mit der Nachrichtenagentur ddp am Freitag zu Protokoll: Der ehemalige niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU) habe Kommissionsempfehlungen nicht abgewartet, sondern sei bei der Wahl Gorlebens vorgeprescht.
„Er wollte einen Standort in der Nähe der damaligen Zonengrenze haben, weil die Ostzonalen, wie er immer sagte, uns die Geschichte mit ihrem Endlager Morsleben eingebrockt hatten“, sagt Lüttig. Der von der DDR als Atommüll-Endlager vorgesehene Salzbergwerksschacht im grenznahen Morsleben (Sachsen-Anhalt) galt als unsicher. Es gab Wasserzuflüsse.
Lüttig: „Wir befürchteten immer – und das hat Herrn Albrecht auf die Palme gebracht – dass Morsleben eines Tages absaufen würde und radioaktive Wässer in Richtung Helmstedt fließen.“
Der Geologe gehörte in den 70er Jahren der sogenannten „Weizsäcker-Kommission“ an, die Albrecht in Energiefragen beriet, und er war an der Suche nach einem geeigneten Endlager-Standort beteiligt. Ähnlich hatte sich Lüttig bereit 1993 am Rande eines internationalen Endlagersymposiums in Braunschweig geäußert.
Lüttig: „Wir haben etwa 100 Salzstöcke untersucht. Diese Salzstöcke lagen alle in Norddeutschland. Später wurde das noch einmal eingeengt auf acht Salzstöcke. Da war auch Gorleben noch dabei. Und drei kamen in die endgültige Wahl. Der Salzstock Lichtenhorst/Ahlden bei Nienburg, Lutterloh/Fassberg bei Celle und Waten/Börger im Emsland, Gorleben nicht mehr.“
Politisch nicht durchsetzbar lautete das Eingeständnis Ernst-Albrechts vor 30 Jahren nach dem Treck der Bauern in die niedersächsische Landeshauptstadt – das Projekt Wiederaufarbeitung wurde gekippt, eine Brennelementefabrik in Gorleben nicht gebaut, doch es blieb beim Endlagerstandort Gorleben.
„Das Eingeständnis Albrechts spornt uns bis heute an,“ sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke, „wir machen weiter, bis politisch eingestanden wird, dass Gorleben nicht geht.“
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