Das Tarnkappen-Verfahren

Am 28. Juli 1977 beantragt die PTB beim niedersächsischen Sozialminister (doch, der war zuständig!) das Planfeststellungsverfahren gemäß § 9 b Atomgesetz „für eine Anlage des Bundes zur Sicherstellung und zur Endlagerung radioaktiver Abfälle im Rahmen des am Standort Gorleben geplanten ‚Nuklearen Entsorgungszentrums (NEZ)’“.

Laut online-Version des Niedersächsichen Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz wurde im Antrag verwiesen „auf ein vorliegendes Konzept, das unverzüglich um umfassendere Unterlagen für ein Bergwerk zur Einlagerung von Abfällen ergänzt werden sollte. Weiterhin wurde angekündigt, dass umgehend die erforderlichen standortspezifischen Daten ermittelt und nachgereicht werden sollten.“ (http://www.umwelt.niedersachsen.de/master/C11963861_N11622634_L20_D0_I598.html).

Also nur zur Erstellung der fehlenden Unterlagen wurde dann ab 1979 obertägig, ab 1982 mit den beiden Schachtvortrieben auch untertägig erkundet! Die Ergebnisse gehen als „Unterlagen zur Standorterkundung (US)“ an die Planfeststellungsbehörde, dann wird begutachtet, kontrollbefahren, fachgesprochen.

Und es läuft und läuft und läuft – insgesamt 170 „US“ will die „Planfeststellungsbehörde MU“ schon angesammelt haben – alles für den Tag des Herrn Röttgen: „Erörterungstermin“.

Dem Landkreis und der betroffenen Öffentlichkeit wird altes Bergrecht vorgespielt – das sieht nun mal leider gott sei dank keine Rechte der Öffentlichkeit vor, aber man kann ja Gorleben-Kommission und -Information veranstalten, neben Bohrprogrammen, Salzhalden und und reichlich Polizei.

Ein ganzer Landkreis als Geisel im Griff des Bergrechts, und dahinter werden die Aktenberge des atomrechtlichen Planungsverfahrens gestapelt, durch die sich dann im Erörterungstermin die Bürgerbeteiligung durchfressen darf wie durch den Reisberg zum Schlaraffenland von Wachstum – an freigesetzten Radionukliden.

Manchmal rutschte die Tarnkappe. So am 27. Mai 1983 Dr. Matting vom Bundesministerium des Innern in Hitzacker auf einen Vorwurf der BI-Vorsitzenden Marianne Fritzen, den er erst zurückweist, um ihn dann zu bestätigen:
„Ihr Ansatz ist, und das war ja, was sie vorhin auch gesagt haben, der Bund versucht das Endlager auf Biegen und Brechen herzurichten. Diese Unterstellung, die darf ich also hier zunächst einmal zurückweisen. So ist es nicht, und ich meine, Sie disqualifizieren alle Leute, die sich hier wirklich bemühen, um dieses Verfahren ordnungsgemäß (!) und auch wissenschaftlich hochwertig durchzuführen. Ich meine, daß (…) wir uns hier sehr detailliert auch Gedanken darüber machen, wie denn, wie die Schutzziele (!) eingehalten werden können.“

Gerhard Has