Ein Märchen

Es war einmal eine Bundesregierung, die hatte vor Augen, dass Konzerne mit abgeschriebenen Atomkraftwerken täglich eine Million Euro zusätzlich verdienen würden, wenn deren Laufzeit verlängert würde. Sie hatte aber auch vor Augen, dass der hochradioaktive und hochgiftige Atommüll eine Million Jahre sicher endgelagert werden müsste. Ein Minister, der Kriegsminister, riet, man könne doch den Müll ins Weltaltall schießen, eine andere, die Forschungsministerin, wollte ihn im Mariannengraben versenken, und ein dritter, er war zuständig für Entwicklungshilfe, schlug gar vor, im Pazifik eine Insel zu kaufen, die von den Atomwaffenversuchen der 50er und 60er Jahre verseucht war.

Doch nach einigem Palaver erschien es der Regierung besser, den Müll in tiefen geologischen Formationen vorerst rückholbar zu lagern und die Konzerne zu verpflichten, alle Anstrengungen auf eine vollständige Stromversorgung durch Wind, Wasser, Sonne, Gezeiten und Erdwärme zu setzen. Dabei sollten in einem fairen Wettbewerb nicht nur die Vier Großen, die über Atomkraftwerke verfügten, in einen Wettstreit treten. Die Windmüller, Heizungsbauer und Häuserisolierer sollten ihre Ideen mit in die Debatte einbringen.

Schließlich trat die Chefin der Bundesregierung vor die Presse und sagte: „Es ist schlichtweg Hybris, Sicherheit über eine Million Jahre vorzugaukeln. Wir machen Schluss mit der Atomkraft und werden uns auch international für das Ende des nuklearen Abenteuers einsetzen. Den Leuten in Gorleben aber will ich heute ein Lob aussprechen, durch ihren über 30 Jahre andauernden Protest haben sie viele Menschen nachdenklich gemacht, ganz gleich, welcher Partei sie angehören oder welche Partei sie wählen würden. Sie bekommen als Zeichen der Anerkennung eine Akademie mit den besten Köpfen zur Bündelung aller Anstrengungen, wie die das neue, nicht-atomare Zeitalter unverzüglich eingeleitet wird.“