Schnee statt Palmen?

Dem harten Winter folgte ein Frühling, der seinen Namen nicht verdient hatte. Jetzt erleben wir wieder Wetterkapriolen, die es denjenigen, die nach der langen Kälteperiode im Winter einen Klimawandel in Abrede stellen, eine glaubwürdige Argumentation schwer macht: die Hochwasserkatastrophe in Pakistan und die verheerenden Wald- und Torfbrände in Russland sind nur die augenfälligsten Phänomene. Nicht jede Wetterkapriole lässt sich unter „Klimawandel“ subsummieren, das ist klar. Aber der typische Reflex, vor allem die Feuerwalze und gefährdete Atomanlagen vor Augen zu haben, greift ebenfalls viel zu kurz. Die Zeitschrift Natur + Kosmos widmet in seiner Augustausgabe 2010 (www.natur.de) unter der Überschrift „Schnee statt Palmen“ für Zauderer und Nachfrager einen mehrseitigen Beitrag – dessen Lektüre sei hiermit wärmstens empfohlen.

So lesen wir, dass der harte Winter durchaus auch ein Effekt des Klimawandels sein konnte und das weitere folgen können. Der amerikanische Forscher James Overland hat soeben eine Studie vorgestellt, in der untersucht wird, wie sich das Abschmelzen des arktischen Eises auswirkt. „Weil offenes Wasser im Vergleich zu Eis mehr Wärme speichert, wird die Arktis wärmer, was wiederum die Luftdruckverhältnisse zwischen dem hohen Norden und unseren Breiten verändert. Statt atlantischer Westwinde, die uns milde Winter bescheren, gelangt kalte Nordluft zu uns.“

Unbestritten bleibt, trotz einiger Anfechtungen des Berichts, den der Weltklimarat IPPC 2007 vorlegte, dass sich die Erde zwischen 1975 und 1998 pro Jahrzehnt um 0,166 Grand erwärmt hat. Die Effekte bleiben wie beschrieben diese: „In Indien oder im südlichen Afrika drohen lange anhaltende Dürreperioden. Der Nordatlantikstrom könnte sich abschwächen. Der Meeresspiegel wird erhöhen, weil das Eis auf Grönland und in der West-Antarktis weiter schmilzt.“
Dezidiert wird auf die Kritik an den Aussagen des IPPC 2007 eingegangen: Ungeprüft hatte der die Abschätzung des indischen Glaziologen Syed Hanain übernommen, der behauptet hatte, die Gletscher im zentralen und östlichen Himalaya würden bis zum Jahr 2035 abschmelzen. Auch die Abschätzung, wie stark der Meeresspiegel steigt und wie stark die Niederlande gefährdet würden, war falsch – ein wahrer Kurzschluss, denn die niederländische Regierung hatte falsche Zahlen zu den geplanten Deichbauten eingereicht.

Nichtsdestotrotz bleibt die Erkenntnis, dass die Schäden, die durch den Klimawandel auftreten, ungleich höher ausfallen als alle Maßnahmen der Prävention. Der Ökonom Sir Nicholas Stern hatte dies 2006 eindrucksvoll vorgerechnet, allein was fehlt, sind die staatlichen Maßnahmen und die internationalen Vereinbarungen – der nächste Klimagipfel nach dem Flop von Kopenhagen wird vom 29.11.-10.12. in Cancún (Mexiko) stattfinden. Das politische Ziel ist die Begrenzung der Erderwärmung auf 2 Grad Celsius.

Damit wären wir doch wieder bei „unserem“ Thema. Braucht es für die CO 2 – Reduktion Atomkraft als „Brückentechnologie“? Nein, hält Prof. Marin Faulstich, Vorsitzender des Sachverständigenrats für Umweltfragen und Berater der Bundesregierung dagegen. Die trägen Systeme, die fossilen und nuklearen Großkraftwerke verstopfen die Netze. „Wenn die Meiler zehn oder 20 Jahre weiter länger am Netz bleiben, dann verträgt sich das nicht mir dem System der Erneuerbaren…Deshalb müssen wir vom Ziel her denken. Und das heißt: eine Stromversorgung mit 100 Prozent erneuerbaren Energien.“

Dem wäre nichts hinzuzufügen außer dem Gedanken, dass wir unsere Bündnispolitik überdenken und erweitern müssen. Atomkraft u n d Kohlekraft sind von gestern.