Deutschland bleibt Stromexporteur

Nun ist es höchstamtlich: Zwar verkauften deutsche Stromkonzerne im ersten Halbjahr 2011 nicht einmal mehr halb soviel Strom ins Ausland wie im gleichen Zeitraum 2010. Deutschland ist aber nicht abhängig von tschechischem oder französischem Atomstrom.

Von Nick Reimer

Es ist jetzt neun Tage her, dass falsche Zahlen durch die Medien geisterten. Auch klimaretter.info hatte über einen Artikel des Focus berichtet, der behauptete, Deutschland hänge nach dem Abschalten der acht Atomkraftwerke am Stromtropf anderer Nationen. Demnach flossen zwischen Januar und Juni aus Frankreich 10,4 Milliarden Kilowattstunden Strom ins Land und damit 51 Prozent mehr elektrische Energie als im gleichen Zeitraum des Vorjahrs. Tenor: Jetzt verbrauchen die atomausgestiegenen Deutschen eben französischen Atomstrom und finanzieren so die grande nation.

Nun stellt sich heraus: Sowohl die verbreiteten Zahlen als auch der Tenor sind falsch. Nachdem der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) am vergangenen Freitag bereits einen Strombilanz-Überschuss von vier Terawattstunden konstatierte – im ersten Halbjahr dieses Jahres wurden 29 Terawattstunden Strom exportiert und 25
Terawattstunden importiert -, veröffentlichte das Statistische Bundesamt am heutigen Dienstag die offiziellen Daten. Und die liegen deutlich näher am BDEW als am Focus.

Das Statistische Bundesamt stellt fest: Im ersten Halbjahr 2011 wurden 23,9 Terawattstunden über die europäischen Stromnetze nach Deutschland eingeführt, zur selben Zeit aber 27,9 Terawattstunden exportiert. Die größten Strommengen wurden demnach aus den beiden Nachbarländern Frankreich (10,4 Terawattstunden) und der Tschechischen Republik (5,6 Terawattstunden) eingespeist. Die beiden wichtigsten Abnehmer für Strom aus Deutschland waren die Alpennachbarn Österreich (7,8 Terawattstunden) und Schweiz (7,6 Terawattstunden).

Die Statistiker vermelden jedoch ein Schrumpfen der Handelsbilanz: Konnten die deutschen Energiekonzerne im ersten Halbjahr 2010 noch 10,9 Terawattstunden Strom ins Ausland verkaufen, so waren es im gleichen Zeitraum dieses Jahres nur noch 4,1 Terawattstunden. 1 Terawattstunde entspricht einer Milliarde Kilowattstunden.

Französischer Strom über das Transitland Bundesrepublik

Das bedeutet: Auch nach dem Abschalten der ersten acht Atomreaktoren ist Deutschland nicht auf Strom aus dem Ausland angewiesen. Bis zum 17. März liefen die sieben ältesten AKW, dann wurden sie abgeschaltet. Der Handelsüberschuss kann nicht allein aus den ersten beiden Monaten des Jahres stammen.

http://www.klimaretter.info/energie/hintergrund/9462-deutschland-bleibt-stromexporteur

Klimaretter – 20.9.2011