Pressemitteilung der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V.

Neue Ungereimtheiten zu Gorleben

BI Umweltschutz fordert umfassende Atommülldebatte

Es gibt kein schlüssiges Konzept für die Endlagerung atomarer Abfälle in Deutschland: die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) verweist auf immer neue Ungereimtheiten. Bisher galt, dass schwach- und mittelaktive Abfälle in der ehemaligen Erzgrube Schacht Konrad eingelagert werden sollten, hochaktive Abfälle im Salzstock Gorleben, vorausgesetzt die Eignung würde nachgewiesen. Aktuelle Parlamentarische Anfragen in Nordrhein-Westfalen wie auch im Bundestag ergäben aber ein völlig anderes Bild, resümiert die BI.

Vor kurzem erst war die Frage aufgetaucht, wo die Brennelemente aus dem Versuchsreaktor Jülich konditioniert werden könnten, das Bundesumweltministerium verwies die BI „Kein Atommüll in Ahaus“ auf Gorleben. Jetzt wird in der Antwort auf eine Linken-Anfrage aus Nordrhein-Westfalen auch deutlich gesagt, dass die Abfälle aus der Urananreicherungsanlage Gronau definitiv nicht „Konrad-gängig“ sind. Wohin mit diesen Abfällen?

  • Im Zweifel nach Gorleben: Das BMU schreibt, Gorleben sei ein mögliches Endlager für „insbesondere wärmeentwickelnde Abfälle“.

„Das Wörtchen ‚insbesondere‘ enthält Sprengkraft: Die Mischung von schwach- und mittelaktiven mit hochaktiven Abfällen in einer Deponie setze jedoch ein völlig neu zu durchdenkendes Endlagerkonzept voraus“, betont BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.

Völlig unklar sei zudem, wohin der Müll aus dem havarierten Endlager Asse II verbracht werden soll, wenn er denn wirklich geborgen wird.

Noch krasser als bisher stellt sich nach der Auskunft des BMU die Frage, warum in Gorleben bisher nahezu 1,6 Mrd. Euro verbaut wurden, obwohl nach der Antwort des BMU die obertägige Erkundung eines Standorts rund 50 Mio. Euro kostet, die untertägige Erkundung in etwa 250 Mio. Euro.

„Es liegt auf der Hand, dass in Gorleben vorbei am Atomrecht die Infrastruktur für ein Atommüllendlagerung gebaut wurde und wird. Das Zögern Norbert Röttgens (CDU), auf Gorleben wegen der katastrophalen geowissenschaftlichen Erkenntnisse zu verzichten, wird jedoch immer weitere Kosten nach sich ziehen und am Ende zu Klagen der Financiers führen, denn immerhin wird Gorleben über die Atomstromproduzenten finanziert. Letztlich über die Kosten für die Stromrechnungen derjenigen, die noch nicht den Stromanbieter gewechselt haben und Ökostrom beziehen“, so Ehmke.

Vor einem Neustart der Endlagersuche – ohne Gorleben – fordert die BI deshalb eine umfassende Atommülldebatte. Demonstriert wird auch wieder: am 27.Januar vor den Toren des „Schwarzbaus“.

Wolfgang Ehmke, Tel. 0170 510 56 06

Quellen:

LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN – 15. Wahlperiode Drucksache 15/3712

„Das bei der Urananreicherung in Gronau entstehende abgereicherte Uran (Tails) ist ein radioaktiver Reststoff, der – wenn er nicht weiter verwertet werden kann – als radioaktiver Abfall geordnet zu beseitigen ist. Die Endlagerplanung und -bereitstellung hierfür obliegt dem Bund. Abgereichertes Uran ist weniger radioaktiv als natürliches Uran und nicht Wärme entwickelnd. Dennoch wäre eine Endlagerung großer Mengen von Uran im zukünftigen Endla-ger Konrad nach dessen derzeitigen Endlagerungsbedingungen aus wasserrechtlichen Gründen nicht zulässig. Deshalb werden bei den bisherigen Planungen für ein Endlager für Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle auch „nicht Konrad-gängige radioaktive Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung“ berücksichtigt. (vergleiche Bundestagsdrucksache 17/7777 vom 21. November 2011).“

Und hier ist der Vergleich (Bundestagsdrucksache 17/7777):

„Das BfS hat im Jahr 2003 eine Kostenschätzung für geowissenschaftliche Erkundungsmaßnahmen in einem unterstellten Auswahlverfahren bis zur Entscheidung für einen Endlagerstandort durchgeführt. Die damalige Kostenschätzung basierte auf den Empfehlungen des Arbeitskreises Auswahlverfahren Endlagerstandorte und einer Konzeptplanung, die zeit- und kostenoptimiert wurde. Die Dauer des Auswahlverfahrens wurde dabei mit 18 Jahren angesetzt. Die Dauer des Auswahlverfahrens hat wegen der Offenhaltungskosten für ein Erkundungsbergwerk maßgeblichen Einfluss auf die Gesamtkosten. Eine längere Dauer des Auswahlverfahrens würde zu zusätzlichen Kosten führen. Umgerechnet auf heutige Verhältnisse würden nach den damaligen Schätzungen des BfS an einem Standort die Erkundung von Übertage in der Größenordnung von 50 Mio. Euro und die untertägige Erkundung in der Größenordnung von 250 Mio. Euro pro Standort kosten. Hinzu kamen veranschlagte Kosten für das Projektmanagement und die Beteiligung der Bevölkerung in der Größenordnung von 100 Mio. Euro. Nicht berücksichtigt waren Aufwendungen für eine begleitende Begutachtung durch eine Genehmigungsbehörde. Ob damalige Überlegungen auf die heutigen Verhältnisse übertragbar wären, kann insbeson- dere auch von den festzulegenden Rahmenbedingungen abhängen.“

„Die Gesamtinvestitionskosten bis zur möglichen Inbetriebnahme von Gorleben als Endlager für insbesondere wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle lassen sich erst dann belastbar einschätzen, wenn ein vollständiges technisches Endlagerkonzept entsprechend den Sicherheitsanforderungen an die Endlagerung wärmeentwickelnder radioaktiver Abfälle festgelegt ist, sowie belastbare Er- kundungsergebnisse über den nutzbaren Bereich des Salzstocks vorliegen. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass sich Bund und Länder kürzlich darauf verständigt haben, die Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle im nationalen Konsens zu lösen.“

Originaldokument: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/077/1707777.pdf

KONTAKT

Pressesprecher
Wolfgang Ehmke
Tel. 0170 510 56 06

Presse