Pressemitteilung der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V.

Bundesamt für kerntechnische Entsorgung in der Kritik – BI: Neue Endlagersuche in alten Schläuchen

Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat angekündigt, die Umsetzung des Standortauswahlgesetzes (StandAG) zügig in Angriff zu nehmen. Am ersten Januar 2014 beginnt offiziell die Arbeit des neu gegründeten Bundesamtes für kerntechnische Entsorgung (BkE). Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) warnt: Das neue Bundesamt legt Erkundungsprogramme und standortbezogene Prüfkriterien vor und erarbeitet Vorschläge für die Standortentscheidung.

Damit nehme das BkE die Arbeit der noch zu bildenden Endlagerkommission zu großen Teilen vorweg und mache jede Beteiligung der Zivilgesellschaft am Verfahren im Vornherein zur Farce.

BI-Sprecher Wolfgang Ehmke: „Das BkE entmachtet die Länder in Fragen des Bergrechts und des Gewässerschutzes. Die Endlagersuche kommt daher wie der sprichwörtliche neue Wein in alten Schläuchen.“

Gemeinsam mit den großen Umweltverbänden fordert die BI von Hendricks, alle Aktivitäten zur Bildung des vorgesehenen Bundesamtes für kerntechnische Entsorgung derzeit zurückzustellen.

Auch die Besetzung der Endlagerkommission durch Wissenschaftler und die Teilnahme der Umweltverbände an der Kommission ist nicht abschließend geklärt. Klarheit – zumindest interne – hat die Beratung und Abstimmung der Umweltverbände und Anti-AKW-Initiativen gebracht: Die zwei Plätze in der Kommission bleiben vorerst leer. Das hat der Deutsche Naturschutzring (DNR), dem die Koordination übertragen wurde, der zuständigen Berichterstatterin im Deutschen Bundestag, Dr. Maria Flachsbarth (CDU) kurz vor Weihnachten mitgeteilt. Stattdessen wollen die Umweltverbände, darunter auch die Ärztevereinigung IPPNW, der BUND, Greenpeace, die eine Mitwirkung in der Kommission vehement ausschließen, im März eine Tagung anberaumen, auf der über die bisherigen Erfahrungen mit der Bürgerbeteiligung bei der Endlagersuche berichtet wird.

Kritisiert wird in dem Schreiben an Flachsbarth, dass es vor der Verabschiedung des Gesetzes keine dringend notwendige breite gesellschaftliche Debatte über die Vorgehensweise gegeben habe. Der Fokus, der sich auf die hochradioaktiven Abfälle richtet, sei viel zu eng. In der Kommission sei die Bevölkerung überhaupt nicht vertreten und eine ergebnisoffene Endlagersuche sei mit Gorleben im Topf nicht möglich. Nicht einmal die Finanzierung des Verfahrens durch einen öffentlichen Fonds, gespeist von den Betreibern der AKW, sei sichergestellt.

Wolfgang Ehmke, Pressesprecher, Tel. 0170 – 510 56 06

Der Wortlaut des Briefes lautet wie folgt:

Frau Dr. Maria Flachsbarth, MdB
Berichterstatterinnen der Bundestagsfraktionen

Berlin, 20.12.2013

Besetzung Kommission Lagerung hochradioaktiver Abfallstoffe

Sehr geehrte Frau Abgeordnete,

mit Schreiben vom 25. Juli 2013 baten Sie uns um Vorschläge für die ursprünglich am 2./3. September 2013 im Rahmen einer Sondersitzung des Deutschen Bundestages vorgesehene endgültige Besetzung der oben genannten Kommission. Ich hatte Ihnen daraufhin am 16. August 2013 mitgeteilt, dass wir hierüber mit den zuständigen Vertretern der Umweltverbände und Bürgerinitiativen intensiv beraten und dieser Prozess eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen wird.

Beim letzten Treffen der Umweltverbände und Bürgerinitiativen am 11. Dezember 2013 haben wir uns mit großer Mehrheit darauf verständigt, dass wir Ihnen zunächst nochmals zentrale Kritikpunkte am Standortauswahlgesetz als gesetzlicher Grundlage für die Einrichtung der Kommission mitteilen:

  • für die Jahrtausendaufgabe der Atommülllagerung, die noch Generationen beschäftigen wird, gab es vor der Verabschiedung des Gesetzes keine dringend notwendige breite gesellschaftliche Debatte über die Vorgehensweise und die Kriterien,
  • die erforderliche breite gesellschaftliche Diskussion wurde in eine Kommission verlagert, in der die Bevölkerung nicht beteiligt ist,
  • Die Konzentration auf „hochradioaktive Abfallstoffe“ beschränkt den Blick auf lediglich rund 5 % des durch die Atomkraftwerke verursachten radioaktiven Mülls,
  • der politisch nicht akzeptierte und wissenschaftlich als ungeeignet nachgewiesene Standort Gorleben, bleibt bei der Endlagersuche weiter einbezogen,
  • die Finanzierung des Verfahrens durch einen öffentlichen Fonds, gespeist von den Betreibern der AKW, ist nicht sichergestellt,
  • das vorliegende Gesetz ermöglicht Enteignungen und minimiert derzeit noch bestehende juristische Überprüfungsmöglichkeiten,
  • die Bundesländer werden entmachtet und es entsteht eine neue „Superbehörde“ mit weit reichenden Kompetenzen auch in Fragen des Gewässerschutzes oder des Bergrechtes

um nur einige zu nennen.

Als Folge dieser grundlegenden Kritik werden wir derzeit keine Vertreter der Umweltverbände für die Kommission vorschlagen.
Falls Sie uns und weitere Repräsentanten der Umweltverbände und Bürgerinitiativen zu einem Gespräch dazu einladen wollen, was uns von der Beteiligung in der Kommission abhält und ob die Hinderungsgründe überwindbar sind, würden wir an einem solchen Treffen teilnehmen.

Um zu einem gemeinsamen Verständnis zu gelangen, wie ein geeignetes Verfahren zur Standortsuche für ein Atommülllager aussehen kann, wollen Umweltverbände und Bürgerinitiativen gemeinsam voraussichtlich im März nächsten Jahres bei einer Veranstaltung Bedingungen für eine breite Beteiligung der Bevölkerung und ein entsprechendes Verfahren als Grundlage für einen gesellschaftlichen Konsens bei der Atommülllagerung in Deutschland diskutieren.

Wir halten es für notwendig, Aktivitäten zur Bildung des vorgesehenen Bundesamtes für kerntechnische Entsorgung sowie der Kommission Lagerung hochradioaktiver Abfallstoffe bis zu diesem Zeitpunkt zurückzustellen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Helmut Röscheisen
DNR-Generalsekretär
Pressekontakt:
Dr. Helmut Röscheisen, DNR-Generalsekretär
Tel. 030-678 1775-70, mobil: 0160-97209108
deutscher.naturschutzring@dnr.de, www.dnr.de

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