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Michael Müller, 23.5.2019

„Es ging einigen nicht um einen fairen Neustart“

Michael Müller war einer der Vorsitzenden der Endlagerkommission, die Vorschläge für das Standortauswahlgesetz (StandAG) erarbeitet hat. Er wundert sich nicht über die Verweigerung der Bayern und Sachsen, die Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle zu unterstützen. In diesem Beitrag erklärt er, warum er von der vorgeblich „weißen Landkarte“ bei der Endlagersuche nicht wirklich überzeugt war und warum ihn die Statements aus Bayern und Sachsen nicht überraschen.

„In der Endlagerkommission habe ich leider vergeblich versucht, Gorleben explizit aus der Suche nach einem atomaren Endlager auszunehmen. Ich hätte mir mehr Unterstützung gewünscht. Die Ideologie der weißen Landkarte war stärker, obwohl – wenn alle zu ihren öffentlichen Aussagen gestanden hätten – wir zumindest nahe an die geforderte 2/3 Mehrheit rangekommen wären und eine deutliche Warnung vor neuer Trickserei abgegeben hätten. Außer bei Stefan Wenzel war aber auch die grüne Unterstützung gering. Die anderen Umweltminister haben sich der Kritik an meiner Initiative angeschlossen mit der Behauptung, ich würde mich nicht an Abmachungen halten. Mit mir gab es keine Abmachungen, ich hätte das nicht mitgemacht.

Die Argumentation mit der „weißen Landkarte“ wollte ich nicht mitmachen, sie konnte und kann mich nicht überzeugen, denn im Gegensatz zu allen anderen möglichen Standorten gibt es in Gorleben konkrete Erfahrungen, die einen Ausschluss gut begründen. Es gibt tatsächlich eine weiße Landkarte, aber eben nicht in Gorleben, wo es konkrete Erfahrungen gibt. Diese Interpretation von „weißer Landkarte“ wurde in der Kommission vernehmlich nur von Matthias Miersch und Stefan Wenzel geteilt.

Aber offenbar ging es bei einigen nicht darum, zu einem fairen Neustart zu kommen. Der Verdacht drängt sich gerade durch das Verhalten der bayrischen Staatsregierung auf, aber auch die Rolle Sachsens lässt Zweifel aufkommen, dass zumindest diese beiden Länder Niedersachsen als „Atomklo“ der Republik festschreiben wollen. Sie blockieren und setzen auf Zeitdruck, so lässt sich ihr Verhalten interpretieren. Dann sollen sie aber nicht mehr von weißer Landkarte reden, denn es geht um eine knallharte Interessenspolitik – ebenso durchsichtig wie doppelbödig. Jahrelang hat gerade Bayern auf die Atomenergie gesetzt, ohne etwas mit den Folgen ihres Verhaltens zu tun haben zu wollen.

Hoffentlich rächt es sich nicht, dass die vermeintlichen Gorleben-Gegner in der Endlagerkommission mit ihrer Taktiererei ein Eigentor geschossen haben. Grün reden, aber schwarze Türen öffnen, das passt nicht zusammen. Im Jahr 2020 wissen wir mehr, wenn die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) Gebiete ausweist, die als Endlagerregion in Frage kommen – und im Gegenzug die Gebiete ausgrenzt, die sich nicht für die Atommülllagerung eignen.“

Stephan Weil, der niedersächsische Ministerpräsident, ist da optimistischer und stimmt uns zu:

Wenn alles mit rechten Dingen zugeht, so Weil, dann scheidet Gorleben schon im ersten Schritt bei der Standortauswahl aus. Das ist nicht mehr lange hin, im dritten Quartal 2020 will die zuständige Bundesgesellschaft für Endlagerung den entsprechenden Bericht vorlegen.

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Wolfgang Ehmke

Wolfgang ist langjähriger Pressesprecher der BI.