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BI-Mitgliederversammlung virtuell

Heute (am 22. März) wären wir zu unserer diesjährigen Mitgliederversammlung zusammengekommen. Martin Donat hätte in den Trebler Bauernstuben rund 80 Menschen begrüßt, die Versammlung hätte einen Versammlungsleiter bestimmt und Martin hätte den Rechenschaftsbericht vorgestellt. Aber wir bleiben natürlich zu Hause.

Den BI-Mitgliedern ist der Bericht bereits per Post zugegangen, zusammen mit dem Finanzbericht. Der Öffentlichkeit wollen wir die Jahresübersicht nicht vorenthalten:

Liebe Freundinnen und Freunde,

und wieder liegt ein anstrengendes Jahr hinter uns. Ob es auch ein erfolgreiches Jahr war, wird sich in mancher Hinsicht womöglich erst noch zeigen müssen…

Die anfallende Arbeit wird von einem kleinen Zirkel bewegter Menschen bewältigt und obwohl schon bald ein Jahrzehnt keine „Großereignisse“, wie beispielsweise die einst unerträglichen Castortransporte oder hier im Landkreis zu organisierende bundesweite Großdemonstrationen mehr anstehen, ist der Aufwand doch keineswegs gering geworden.

Die Tätigkeit des Büros, des Vorstandes, der Fachgruppen, der Redaktion der Gorleben-Rundschau und der zahlreichen oft ungenannten HelferInnen ist zwar oft geringer sichtbar, aber eben auch komplexer geworden. Insgesamt gibt es vielleicht weniger „Mitmachformate“, aber andererseits mehr Einladungen an uns, sowie externe Veranstaltungen, bei denen unsere tiefergehende Expertise gefordert ist. Gleichzeitig sind viele unserer kritischen Experten nicht mehr tätig oder sogar nicht mehr da, und neue und junge ExpertInnen werden häufig von den staatlichen Institutionen aufgesogen, die – nicht zuletzt durch euer und unser Wirken – gelernt haben, ihr Antlitz zum Besseren zu verändern. Der grundsätzliche Konflikt zwischen Staat und BürgerInnen, zwischen Administration und Betroffenen, ist jedoch keineswegs beigelegt, und das (nun auch nicht mehr) „neue“ Standortauswahlgesetz (StandAG) kommt im Inhalt und in der behördlichen Umsetzung leider wieder „durchsetzungsorientiert“ daher, obwohl doch der Geist des Gesetzes angeblich ein „lernender“ sein sollte.

Dieses Gesetz, dessen Zustandekommen wir fundiert kritisiert und dessen Beschluss wir begründet abgelehnt haben, sowie seine Umsetzung durch die Rahmen dieses Gesetzes geschaffenen Institutionen binden aktuell einen großen Teil unserer Energie. Das ist zwar der Sache auch angemessen, denn in diesem Verfahren wird schließlich entschieden, ob und welche anderen möglichen Endlagerstandorte in der Republik in die tiefergehende Betrachtung einbezogen werden oder ob Gorleben doch wieder durch die Hintertür mit durchs Verfahren geschleift wird. Aber das ganze Verfahren erweist sich als ausgesprochen trockene Materie, wobei die verdeckten Stellschräubchen oft erst auf den dritten Blick im Trüben sichtbar werden. Und obwohl das Verfahren vorgibt, lernend zu sein, haben wir bislang kaum oder keine Effekte unserer fundierten Kritik ausmachen können.

Es gibt nicht wenige Stimmen, die deshalb fordern, dass die BI sich an dem Suchverfahren nicht „beteiligen“ dürfe und die Endlagersuche durch „mitmachen“ legitimieren würde. Der Vorstand ist allerdings zu der Auffassung gelangt, dass auch in einem solchen Fall eine „Beteiligung“ keinesfalls ausgeschlossen werden kann, sondern vorprogrammiert ist, eben weil das fast fertig gebaute Endlagerbauwerk Gorleben nicht zu Beginn ausgeschlossen wurde und die vierzig Jahre auf Gorleben zugeschnittenen Kriterien wieder in den jetzigen Kriterienkatalog eingeflossen sind. Gegen unseren ausdrücklichen Willen und vor dem unüberhörbaren Veto der ganzen Region müssen wir also wieder damit rechnen, angewidert in die unausgegorenen staatlichen Atommüllpläne „involviert“ zu werden. Wir haben uns deshalb entschieden, zwar auf der einen Seite unsere grundsätzliche Kritik am Gesetz und an der mangelhaften Beteiligung der Öffentlichkeit aufrecht zu halten, aber andererseits das Verfahren auch durch kritische Zwischenrufe zu begleiten, mit denen wir auf Manipulationen, Unstimmigkeiten und die eklatanten Fehler aufmerksam machen und sie zu Protokoll geben.

Damit wir uns richtig verstehen: wir sind nicht der Auffassung, dass alle Konstrukteure des Gesetzes oder alle Protagonisten seiner Umsetzung ausschließlich Böses im Schilde führen. Auch wenn wir das Gesetz abgelehnt haben, haben wir doch wahrgenommen, dass fast die Hälfte der daran Beteiligten glaubwürdig nach einer verantwortungsvollen Lösung für den Verbleib des atomaren Mülls gesucht hat und verlässlich für den Atomausstieg steht. Wir haben aber ebenfalls gesehen, dass im verkürzten Beratungsverfahren nicht der Konsens gesucht und die Zivilgesellschaft nicht angemessen beteiligt wurde, sondern vielmehr die kritischen Stimmen im politischen Alltagsgeschäft vorschnell übertönt wurden.

Wir denken vor diesem Hintergrund eher, dass der Wettstreit, ob nun die alten, greisen Kader mit ihrer stetigen Verharmlosung nuklearer Bedrohung und ihren devoten Vorstellungen von Bürgerrechten sich wieder durchsetzen werden oder aber der angebliche neue Geist des Gesetzes die Oberhand gewinnen kann, noch gar nicht ausgetragen ist. Im Moment sind zweifellos die Technokraten am Ruder und trotz fleißiger Öffentlichkeitarbeit geschieht das meiste ihres Wirkens im Verborgenen, weil es das Alltagleben des Durchschnittsmenschen einfach nicht tangiert. Das kann sich aber sehr schnell ändern, wenn eine Region in den Fokus der Suche rückt; nur dann dürften die meisten Weichen bereits gestellt und die Mitwirkungsmöglichkeiten nur noch dürftig sein.

Das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE), das sich just im Neusprech in „BASE“ (Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung) umbenannt hat und gesetzlich für die Umsetzung des Endlagersuchverfahrens verantwortlich ist, war sich im vergangenen Jahr nicht zu schade, seine kunterbunte Ausstellung (ohne jeden Tiefgang) zur Endlagersuche im Museum Hannover vor der Kulisse der Ausstellung des Gorleben-Archivs zu 40 Jahren Treck nach Hannover zu präsentieren und „Suche X“ zu titulieren, während Informationsveranstaltung der BI vom Museum aus „Termingründen“ abgesagt wurde. Auch den entscheidenden Tag der ersten Auswahl benennt das Bundesamt instinktlos als „D-Day“ oder gar als „Tag X“ und versucht so, sich als staatliche Institution zur Durchsetzung eines Endlagers in die Tradition der Anti-AKW-Bewegung zu stellen. Peinlich.

In diesem Jahr nun, im 40. Jahr der Republik Freies Wendland und der Platzbesetzung 1004, wird im vierten Quartal erstmalig ein Zwischenbericht zu den Teilgebieten der „neuen Endlagersuche“ vorgelegt und ergibt sich erstmalig eine reale Chance auf den „Traum von einer Sache“, zumindest insoweit, dass Gorleben lebt und nicht zum atomaren Endlager wird. Im BI-Vorstand gab es zwar auch einen Disput dazu, weil das StandAG bei strenger Auslegung einen solchen Ausschluss in diesem Verfahrensschritt vielleicht nicht explizit benennt, aber die Mehrheit von uns gelangte auch unter Berücksichtigung externer Gutachter zu der Auffassung, dass trotz des Zuschnittes der Suchkriterien auf Gorleben genug Ausschlusskriterien vorlägen, um den Standort dieses Jahr endlich als Endlager aufzugeben. Besonders aber wird der Zuschnitt der Teilgebiete aufzeigen, ob und wo Kriterien angepasst wurden, um Gorleben im Rennen zu halten oder ob es den Verantwortlichen gelingt, endlich Farbe zu bekennen. Durch den längst überfälligen Ausschluss Gorlebens könnte das Verfahren erheblich an Glaubwürdigkeit gewinnen, allerdings ohne dass allein dadurch schon alle anderen Geburtsfehler geheilt würden.

Dass es uns nicht um das St.-Florians-Prinzip geht oder wir nicht nur immer „not-in-my-backyard“ schreien, zeigt sich schon daran, dass der Landkreis Lüchow-Dannenberg auch mit den einst auf der Liste der „eignungshöffigen“ Salzstöcke befindlichen Standorte Waddekath und Gülze-Sumpte unmittelbar betroffen und vermutlich Mitglied der Teilgebietskonferenz sein würde. Uns geht es also vorerst nur um Parität. Unsere grundsätzliche Kritik am Mangel der Betrachtung von Optionen, der „gehärteten“ Zwischenlagerung, der fairen und vergleichenden Suche für schwach- und mittelradioaktiven Müll und der Beteiligung der Zivilgesellschaft halten wir selbstredend aufrecht.

Was war noch?

Ihr wart wieder großartig auf der kulturellen Widerstandspartie in Gorleben und unser grenzenloser Dank gilt den opferbereiten KLP-AusstellerInnen, wundervollen KünstlerInnen und selbstlosen HelferInnen!

Gemeinsam sind wir unausstehlich!

Oft treten Menschen an uns oder das BI-Büro heran und finden: „Die BI müsste doch eigentlich mal…“ Bitte nehmt zur Kenntnis, dass wir ausgelastet sind. Wenn ihr mehr wollt, kommt bitte selber und engagiert euch. Wir freuen uns auf euch! Der Vorstand trifft sich alle 14 Tage donnerstags. In Zeiten von Corona kommunizieren wir jedoch bis auf Weiteres per Telefon, E-Mail und vllt. auch per Video-Telefonie.
Die Monster der Vergangenheit und des kalten Krieges erweisen sich als vielköpfige Hydra. Erst war es nur die AfD, die weltmachttrunken von der Rückkehr zur Atomkraft, vom Ausstieg vom Ausstieg vom Ausstieg vom Ausstieg von der Nuklearenergie faselte, aber neun Jahre nach dem Ausstiegsbeschluss legte nun auch die Partei der Ausstiegskanzlerin jüngst ein Positionspapier auf den Tisch, nach dem „Projekte zur Kernfusion und zu kleinen modularen Reaktoren“ „ergebnisoffen“ als angeblich CO2-freie Energieproduktion geprüft werden sollen.

Phantasien einer nuklearen „Brückentechnologie“ in das erneuerbare Zeitalter entspringen ausschließlich den eiskalten Sprengköpfen eines gruseligen Zeitalters des atomaren Overkills!

Wehret den Anfängen! Don’t nuke the climate!

Wie immer im Leben dürfte das Geheimnis im Maßhalten liegen… Nur euer Widerstand, der darf auch vierzig Jahre nach unserer Platzbesetzung auf 1004 noch immer unermesslich sein!

Dorf und Turm könnt ihr zerstören, aber nicht unsere Kraft, die es schuf! Passt gut auf euch auf und bleibt gesund!

Ein- und Ausgabenrechnung 2019

Im vergangenen Jahr nahm die BI 204.797,57  Euro ein. Dem standen Ausgaben in Höhe von 179.725,97 Euro entgegen. Der größte Posten bei den Einnahmen ging auf eine erhöhte Spendenbereitschaft zurück. Mit Blick auf die kommenden Wochen und Monaten lässt sich jetzt nicht vorhersagen, wie wir in einem Jahr dastehen. Wir werden sparsam mit den Mitgliedsbeiträgen und Spenden umgehen. Danke!

Mitgliederentwicklung

Von folgenden politischen Freund*innen mussten wir uns im vergangenen Jahr verabschieden, unsere Gedanken sind bei ihnen:

  • Dr. Hans Gruber
  • Ekkehard Witt
  • Martin Lemke
  • Brigitte Langrock
  • Dieter Krause
  • Prof. Dr. Ludwig Huber
  • Hansjörg Witte
  • Lilo Wollny
  • Josef Pechtl
  • Gisela Crémer
  • Harald Weiner

(an dieser Stelle würden wir einen Moment innehalten und um eine Schweigeminute bitten).

Der Vorstand

Mit Ausnahme von Wolf-Rüdiger Marunde führt der BI-Vorstand bis zu einer nächsten Mitgliederversammlung die Geschäfte fort, und zwar Martin Donat (Vorsitz), Elisabeth Hafner-Reckers (stellvertretende Vorsitzende), Wolfgang Ehmke (Pressesprecher), Klaus Longmuss (Kassenwart) sowie Lia Jahrens und Jutta von dem Bussche.

Gorleben Rundschau

Ein kleiner Einblick in die Entwicklung der Gorleben Rundschau, unser vier Mal im Jahr erscheinendes Mitglieder*innen-Magazin: