Pressemitteilung der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V.

BI – Mitglied wegen zivilen Ungehorsams in Büchel verurteilt

2010 drängte der Deutsche Bundestag auf den Abzug der Atomwaffen aus dem US-Stützpunkt Büchel (Eifel). Stattdessen wurden die Atomwaffen „modernisiert“. Der Deutschen Welle zufolge geben die USA für das Modernisierungsprogramm ihres nuklearen Arsenals – dazu gehören auch die Wasserstoffbomben in Büchel – zehn Milliarden Dollar aus. Die Bomben werden von US-Streitkräften kontrolliert, im Ernstfall aber würden sie durch deutsche „Tornado“-Kampfjets im Zielgebiet abgeworfen. Proteste und Aktionen zivilen Ungehorsams gegen die Lagerung der Atombomben und die nukleare Teilhabe gehen bis ins Jahr 1977 zurück.

Das Amtsgericht Cochem verurteilte nun fünf Atomwaffengegner*innen wegen „Hausfriedensbruch“ im Rahmen einer Aktion zivilen Ungehorsams gegen die auf dem Bundeswehr-Flugplatz Büchel eingebunkerten US-Atombomben zu 30 bis 60 Tagessätzen, ersatzweise Haft. Drei der Verurteilten legten Berufung ein.

Zur Gruppe „Büchel17“ gehören Friedensaktivist*innen im Alter von 60 bis 77 Jahren, darunter auch Dieter Reckers aus Rehbeck. Sie hatten am 30.4.2019 zwischen zwei stacheldrahtbewehrten und mit Videoanlagen bestückten Umzäunungen des Atombomben-Standorts Büchel einen „Zivilen Sicherheitsbereich“ ausgerufen und ein „atomwaffenfreies Frühstück“ auf einer blumengeschmückten Picknick-Decke veranstaltet. Gleichzeitig hatte eine zwölfköpfige Gruppe der Büchel17 das Militärgelände zu einer friedlichen Mahnwache betreten. Die gemeinschaftliche Aktion führte zeitweise zur Unterbrechung des militärischen Flugbetriebs. Diese zweite Gruppe wurde ebenfalls angeklagt; die Verhandlung beginnt am 24.6.2020.

Vor Gericht erinnerte der angeklagte Rentner Dieter Reckers (77 J.) an den Angriff der Alliierten auf seinen Heimatort Münster am 25.3.1945 mit 150.000 Brandbomben. Jede der beiden auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfenen Atombomben habe die Zerstörungskraft dieses Brandbombenangriffs noch überstiegen, erläuterte er. Und jede der heute in Büchel stationierten US-Atombomben habe die dreizehnfache Sprengkraft der beiden 1945 detonierten Atombomben.

Mit Blick auf die „Nukleare Teilhabe“ Deutschlands an den US-Atombomben erklärte Reckers: „Die Drohung mit einem so unmenschlichen Schrecken ist eine schreckliche Unmenschlichkeit.“

Mit Bezug auf ein am 9.4.2020 ergangenes Urteil des Oberlandesgerichtes Koblenz in einem
Revisionsverfahren zu zivilem Ungehorsam in Büchel erklärte Richter Zimmermann in seiner
Urteilsbegründung jedoch, diese Gefahr sei nicht „gegenwärtig“. Daher fehle eine Voraussetzung dafür, einen „rechtfertigenden Notstand“ anzuerkennen.

Die Atomwaffengegner*innen zeigten sich enttäuscht, dass sich das Gericht nicht für das
steigende Risiko eines Atomkriegs interessiert und ihren Beweisantrag dazu nicht zugelassen hatte. Reckers wurde zu 1.200 Euro Strafe (30 Tagessätze à 40 Euro) verurteilt und geht nicht in die Revision.

Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) erklärt sich solidarisch mit ihrem BI-Mitglied und früheren Vorstandsvorsitzenden Reckers.

BI-Sprecher Wolfgang Ehmke: „Wir haben uns immer gegen die zivile und militärische Nutzung der Atomkraft eingesetzt. Es ist ein Trauerspiel, dass der Deutsche Bundestag sich nicht vehement für den Abzug der Atomwaffen aus dem Stützpunkt Büchel und den Verzicht auf die nukleare Teilhabe einsetzt.“

Wolfgang Ehmke, Pressesprecher, 0170 510 56 06

Hintergrund: Ziviler Ungehorsam zur Abschaffung der Atomwaffen in Büchel seit 1997

Gewaltfreie Aktionen zur Durchsetzung des Abzugs der Atomwaffen aus Deutschland finden seit 1997 in Büchel statt. Zahlreiche Aktivistinnen und Aktivisten schnitten den Militärzaun auf, betraten des Militärgelände („Go-In“), hielten nicht genehmigte Versammlungen ab, riefen zu Befehlsverweigerung, Blockaden, Go-In-Aktionen und zum „Whistleblowing“ auf. Seitdem wurden mindestens 95 Menschen wegen Straftaten im Zusammenhang mit solchen Aktionen zivilen Ungehorsams angeklagt, einige von ihnen mehrmals. Darüber hinaus gab es einige Bußgeldbescheide wegen Ordnungswidrigkeiten. Dreizehnmal gingen Menschen ins Gefängnis, nachdem sie wegen Teilnahme an gewaltfreien Aktionen in Büchel verurteilt worden waren. Derzeit dürften wegen Aktionen zivilen Ungehorsams zur Abschaffung der Atomwaffen in Büchel 35 Strafverfahren laufen. Außerdem sind fünf Verfassungsbeschwerden anhängig. Die nächsten Verhandlungen im Amtsgericht Cochem wegen zivilen Ungehorsams in Büchel sind terminiert für den 24. Juni sowie für den 2. und 7. September 2020.

Quelle: Martin Otto, Gewaltfreie Aktion Atomwaffen abschaffen http://www.gaaa.org,

jur.folgen@gaaa.org (Stand: 14.6.2020)

Pressekontakt:

Stefanie Intveen, 0151 56094920, stefanie.intveen@web.de

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