Schmähpreis Black Planet Award: Areva steht am Pranger

Jedes Jahr verleiht „ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie“ eine Blue Planet Award und eine Black Planet Award. Für diesen Schmähpreis schlägt die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow – Dannenberg e.V. den französischen staatseigenen Atomkonzern Areva vor. Nähere Informationen über die Stiftung siehe www.ethecon.org

Areva ist Weltmarktführer auf dem Gebiet der Nukleartechnik. Der Konzern ist im Besitz des französischen Staates: 79 % der Anteile gehören dem Commissariat à l’énergie atomique et aux énergies alternatives (dt.Übersetzung Kommissariat für Kernenergie und alternative Energien), 8,4 % direkt dem französischen Staat, 3,6 % der Caisse des Dépôts et Consignations (CDC, einem staatlichen Finanzinstitut).

  • Sitz: Paris Tour AREVA – 1, place Jean Millier – 92400 Courbevoie – France – Tel: 33 (0)1 34 96 00 00.
    Leitung: Luc Oursel
    Mitarbeiter: 48.000
    Umsatz: 10,863 Mrd. Euro
    Website: www. areva.com

Das Unternehmen Areva entstand 2001 durch die Fusion mehrerer Firmen, u.a. der Cogéma, die in Cap de La Hague die französische Wiederaufarbeitungsanlage betreibt und dem Reaktorbauer Framatome. Areva ist in alle Stufen des „Nuklearkreislaufs“ involviert – Uranabbau, Urananreicherung, Reaktorbau, Plutoniumfabrik, Wartung von Atomanlagen und Atomtransporte. Ein neuer Bereich, der in Deutschland in der Geschäftspolitik des Konzerns eine größere, insgesamt aber eine völlig untergeordnete Rolle spielt, liegt im Bereich der erneuerbaren Energien. Auf die Geschäftsbereiche der Nukleartechnik entfielen im Jahr 2009 rund 98 Prozent des Konzernumsatzes.

In Deutschland ist Areva u.a. in Lingen bei der Brennelementfertigung (ANF) und Gronau (Urenco) beteiligt. Als Mischkonzern (Areva und Urenco) betreibt die ETC (Enrichment Technology Company) Anlagen zur Zentrifugenproduktion u. a. in Gronau und Almelo. Als Teil eines weltweiten Sparprogramms will der französische Atomkonzern in Deutschland zwischen 1200 und 1500 Stellen abbauen. Der Grund für den Stellenabbau sei die Entscheidung der Bundesregierung zum Atomausstieg, sagte Firmenchef Luc Oursel der Zeitung „Le Figaro“.

Der Areva-Konzern verdient den Black Award in vielfacher Hinsicht. Zwei Beispiele möchten wir anführen, bei denen vor allem die menschenverachtenden Geschäftspraktiken deutlich werden.

AKW-Bau in Indien

Im indischen Jaitapur will Areva mitten im Erdbebengebiet das weltgrößte AKW bauen, berichtete die Zeitung Le Monde diplomatique. Gegner des Projekts würden schikaniert und verfolgt. Im Hinterland von Jaitapur im Bundesstaat Maharashtra, innerhalb eines „Biodiversitätszentrums“, das zu den zehn wichtigsten der Welt zähle, sollen demnächst sechs 1.650-Megawatt-Reaktoren von Areva stehen. Die staatliche Nuclear Power Corporation of India (NPC) habe beschlossen, dass ihr französischer Partner Areva in Jaitapur die größte Atomkraftanlage der Welt errichten solle. Auch wenn das die Entwurzelung von ca. 40.000 Menschen bedeute, deren Lebensunterhalt auf den natürlichen Ressourcen und Produkten des Ökosystems beruhe: Reis, Hirse, Linsen, Gemüse, Kräuter, Fische und Früchte. Die Regierung des Bundesstaats Maharashtra unterstütze das Projekt, Ministerpräsident Prithviraj Chavan sei bis vor kurzem als Staatsminister in der indischen Zentralregierung für Nukleartechnologie zuständig gewesen und sitze nach wie vor in der indischen Atomenergiekommission, die auch die politische Aufsichtsinstanz der NPC ist.

Am 27. Februar 2011 reiste Prithviraj Chavan, Staatssekretär im Büro des indischen Ministerpräsidenten, nach Jaitapur, um auf einer öffentlichen Versammlung die Vorzüge des Projekts anzupreisen. Kurz nach Chavans Besuch habe die Polizei 22 Aktivisten verhaftet, denen verschiedene Straftaten – bis hin zu versuchtem Mord – angelastet würden. Le Monde diplomatique berichtet von friedlichen Protesten; die Festnahmen hätten allein den Zweck, die Aktivisten einzuschüchtern und durch langwierige juristische Prozeduren von ihrer regulären Arbeit abzuhalten. Eine Distanzierung von Areva von den Menschrechtsverletzungen gibt es nicht. Die Zeitung berichtet weiterhin, dass mehr als 95 Prozent der Leute, deren Land die Regierung mit Hilfe des aus der Kolonialzeit stammenden Enteignungsgesetzes übernommen hat, die angebotene Entschädigung ablehnten. Von denen, die das Geld annahmen, wohnten die meisten nicht in der Gegend. Jaitapur liegt in einer seismologisch kritischen Zone der Kategorie IV. Das bedeutet, dass hier Erdbeben bis Stärke 7 auf der Richterskala für möglich gehalten werden. Die Times of India berichtet, dass in dem Gebiet um Jaitapur zwischen den Jahren 1985 und 2005 92 mal die Erde gebebt hat. Das stärkste Beben im Jahr 1993 erreichte demnach 6,2 auf der Richterskala.

Bei einer Demonstration gegen das geplante Kraftwerk wurde ein Demonstrant erschossen. Der Innenminister des Bundesstaats Maharashtra, R.R. Patil, sagte vor dem Regionalparlament, der Mann sei getötet worden, als 600 bis 700 Demonstranten eine örtliche Polizeiwache gestürmt hätten. Die Menge habe die Wache geplündert und Polizeifahrzeuge in Brand gesteckt. Da sie sich trotz Schüssen in die Luft nicht zerstreute, seien die Beamten gezwungen gewesen, mit scharfer Munition in die Menge zu feuern. Auch hier fehlt eine Distanzierung Arevas.

Uranbergbau Niger und Mali

Die Exploration sowie der Abbau von Uranerz, dessen Verarbeitung zu Uranoxid und anderen Produkten sowie die Rekultivierung der Abbaufelder hatten 2009 einen Anteil von zehn Prozent am Konzernumsatz. Unser Vorschlag, den Areva-Konzern für den Black Award vorzuschlagen, hat seinen Grund vor allem im operativen Geschäft in Afrika. Die Ausbeutung eines Landes wie dem Niger allein prädestiniert Areva für diese „Auszeichnung“. Areva erkundet und betreibt auch den Uranabbau in Namibia und Südafrika.

Im Norden des westafrikanischen Niger fördern Areva NC (Areva Niger) und ihre Tochterfirmen COMINAK (früher COGEMA) und SOMAIR seit 1968 mehr als 100.000 Tonnen Uran. Der Konzern ist der größte Arbeitgeber im Land, die Uranmine die größte weltweit. Rund um die Städte Arlit und Akokan sollen sich mittlerweile ca. 35 Mio. Tonnen Abraum türmen, jährlich sollen einige 100.000 „unbedenkliche“ Tonnen hinzukommen.

Schon am Anfang der nuklearen Kette sind die Zustände entgegen der Darstellung auf der Areva- Niger Website http://niger.areva.com/ also desaströs. Etwa die Hälfte des Urans für die französischen Atomkraftwerke kommt aus dem Niger, es ist trotzdem eines der ärmsten Länder weltweit. Die Arbeiter in den Minen sind dem radioaktiven Staub und dem frei werdenden Radongas ohne Schutz ausgeliefert. Unterschiedliche Krebsarten, meistens Lungenkrebs, sind die Folge und werden vom konzerneigenen medizinischen Dienst u.a. auf die Lebensweise der Bevölkerung geschoben.

Der Tuareg Almoustapha Alhacen gründete im Jahr 2001 die Organisation Aghirin Man (dt. Schutz der Seele), als er merkte, dass viele Arbeiter in den Uranminen an rätselhaften Krankheiten starben. Vom Areva eigenen medizinischen Dienst vor Ort wurden hingegen Aids oder Tuberkulose diagnostiziert, jedoch niemals berufsbedingte Krebserkrankungen. Krebs wurde nur bei Patienten diagnostiziert, die nicht in der Mine arbeiteten.

Im Jahr 2009 starb der Franzose Serge Venel nach der Diagnose eines französischen Arztes an Lungenkrebs. Er hatte sieben Jahre in der Grube gearbeitet. In einem Fragebogen gaben die meisten ehemaligen Arbeiter an, bei der Arbeit Hemd und Shorts getragen zu haben. Es gab keine Schutzhandschuhe oder etwa ein Dosimeter.

Mit gleichen Auswirkungen war Areva in verschiedenen Ländern Afrikas „tätig“ und mit der Voraussicht auf neu zu erschließende Uranminen indirekt auch Teil der Gründe für den französischen Militäreinsatz in Mali. Im Südwesten Malis exploriert die kanadische Rockgate Capital Cooperation ein Gebiet von etwa 150 Quadratkilometern nach Uranerz. Dort soll eine Open Pit Mine entstehen und damit die Lebensgrundlage der Einwohner Faleas zerstören. www.Falea21.de Den Abbau wird dann Areva übernehmen.

Im Südwesten Malis, einer an Fauna und Flora reichen, noch unberührten Region, exploriert die Kanadische Rockgate Capital Cooperation ein Gebiet von etwa 150 Quadratkilometern nach Uranerz. Dort soll dann eine von Areva kontrollierte Firma eine Open Pit Mine betreiben und damit die Lebensgrundlage der Einwohner Faleas zerstören. Den vier Ethnien, die dort leben, wurde nicht mitgeteilt, was es mit den Probebohrungen auf sich hat. Erst eine von unabhängigen Organisationen anberaumte Konferenz zu Uranabbau Gesundheit und Umwelt in Bamako Mali im März 2012 nahm den Einwohnern von Falea ihr Informationsdefizit. http://www.uranium-network.org/Mali%20Konferenz/start.htm

Mr. Golden Misabiko aus dem Kongo verfasste einen Bericht über die Machenschaften der Areva im Niger und wurde daraufhin von Areva massiv unter Druck gesetzt und letztendlich auf Druck des Konzerns im „Demokratischen“ Kongo inhaftiert. Aufgrund internationalen Drucks wurde er freigelassen, kann allerdings nicht mehr in den Kongo zurück und lebt jetzt in Südafrika. http://www.falea21.de/?page_id=39

Uranabbau geht immer einher mit massiven Menschenrechtsverletzungen, Landraub Vertreibung, Zerstörung natürlicher Ressourcen (Wasser) und macht besonders vor den Landrechten traditioneller Völker (Indigene) nicht halt. Etwa 80% des weltweit geförderten Urans stammt von indigenen Gebieten. In Falea soll im November diesen Jahres eine Volksabstimmung der Region Keniaba die Meinung der Bevölkerung zur Uranmine kundtun. Mali galt für Afrika lange Jahre als die Vorzeigedemokratie, die sie nie war, aber die Chance auf Selbstbestimmung und Demokratie sollte gerade hier intensiv gefördert werden. Der Druck der Investoren und Landräuber ist groß und sie müssen nach Schließung der Minen nicht dort Leben. Areva ist solch ein Investor. Land ist die Grundlage allen Lebens, besonders in Gegenden wie Falea, deshalb verdienen die Menschen unsere Unterstützung. Für die sich 2011 gegründete African Uranium Alliance AUA, die dabei ist sich Kontinent weit zu vernetzen, wäre die Nominierung der Areva ein solches Zeichen der Unterstützung.

MOX-Transporte nach Japan

Um das Geschäftsgebahren von Areva abzurunden, verweisen wir auf eine Firmenmitteilung aus dem März 2013, die Firma kündigt den 5. MOX-Transport aus der britischen Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield – ausgerechnet nach Japan an. Profit kennt keine Pietät, kein Innehalten angesichts der Nuklearkatastrophe in Fukushima.

Schmährede

Im Falle eines Entscheides für die Areva schlagen wir Mr. Golden Misabiko als Redner vor: gomisabiko@hotmail.com

Quellen und weiter führende Links:

Günter Hermeyer, BI Lüchow-Dannenberg