Die Legende vom Castor im Salz

Nicht totzukriegen die Meinung, dass die hoch strahlenden Castor-Behälter längst unten im Salz liegen! Und wieder ist es ein Journalist, dem es plötzlich wie Schuppen von den Augen fällt. Die schlichte Wahrheit, dass die Castoren für Jahrzehnte in einer luftigen Halle stehen, erfährt er aber nicht im Job, sondern ganz zufällig auf einer Hochzeit in Westfalen. Eingeladen ist auch eine Familie aus dem Wendland, die beiläufig einen alten Familienzwist erwähnt: während die erwachsenen Kinder eingefleischte Atomkraftgegner sind, verdient sich die Mutter jedes Jahr ein Zubrot, indem sie in den Unterkünften der Gorleben-Polizei die Betten bezieht. Wie kann man nur, sagen die Kinder. Aber auch die Mutter ist längst nachdenklich geworden. Von den Castor-Transporten hat der Journalist gehört, vom Salzstock ebenfalls. Aber wieso kommen die Castoren nicht ins Salz? Er kennt nur Menschen, die genau davon überzeugt sind.

1608solarschweinObwohl der Mann nur für ein kleines Regionalblatt schreibt, will er den beschämenden Irrtum nicht auf sich sitzen lassen. Als er ein paar Tage Urlaub hat, schnappt er sich seinen 18-jährigen Sohn und fährt mit ihm ins Wendland. Er will sich selbst ein Bild machen. Und da seine Gastfamilie viele Freunde hat, wird schnell eine kleine Bildungsreise daraus: Erkundungsbergwerk, Zwischenlager, die Pilotkonditionierungsanlage – der Dannenberger Verladekran und die umkämpfte Bahn- und Straßenstrecke. Am nächsten Tag steigt man dann auf eins der Windkrafträder, besichtigt eine Biogasanlage, staunt über die unzähligen Fotovoltaik-Dächer und besucht einen der vielen Bio-Bauern. Der Journalist ist sichtlich beeindruckt. Wieso berichten die Medien beim Stichwort Wendland immer nur über Polizeieinsätze?!

Zumindest ein kleines Regionalblatt im Westfälischen wird demnächst auch die anderen Seiten der Region vorstellen.