Atommüll-Krimi

Um eine neue Facette wird das Verschieben von Atommüll „bereichert“. Plutonium wurde durch Norddeutschland kutschiert und bei Midgard verladen. Die Kreiszeitung Wesermarsch trug die Fakten zusammen.

Nordenham. Scheibchenweise kommen immer mehr Informationen über den Atomumschlag in der Nacht zu Mittwoch bei der Midgard ans Licht. Nicht nur 25 Brennelemente aus dem stillgelegten Forschungsreaktor Geesthacht sind dort verladen worden, sondern auch hoch radioaktives Plutonium aus der ehemaligen DDR ist an Bord des Spezialfrachters gebracht worden.

Ein Lkw mit Atomcontainer verlässt am Dienstagabend das Gelände desstillgelegten Forschungsreaktors Geesthacht in Richtung Nordenham. Dort sind 25 abgebrannte Brennelemente sowie anderer Atommüll an Bord eines Spezialfrachters verladen worden, darunter plutoniumhaltiges Material aus der ehemaligen DDR.

Das Niedersächsische Umweltministerium bestätigt den Plutonium-Transport nach Nordenham. Während die Brennelemente aus Geesthacht an den Uranlieferanten aus den USA zurückgehen, soll die Plutonium-Beryllium-Quelle laut Umweltministerium zum National Laboratory Los Alamos (LANL) gebracht werden. 47 atomare Quellen waren
bereits im Jahr 2010 in die USA verschifft worden.

Lagerung lange verschwiegen
Die Plutonium-Beryllium-Quellen stammen aus der ehemaligen DDR. Sie wurden als technische Strahlenquellen zur Feuchtemessung in Gesteinen und Baumaterialien eingesetzt. Der Transport in die USA erfolgt unter der Aufsicht des US-Department of Energy im Rahmen eines weltweiten Rückführungsprogramms für Plutonium. Der Hintergrund ist die Sicherheit. Es soll vermieden werden, dass Plutonium in die Hand von Terroristen gerät.

Auch die deutschen staatlichen Stellen beim Bund und in Niedersachsen unterstützten und begleiteten die Rückführung, da infolge des Atomausstiegs in Deutschland kein öffentliches Interesse zur Aufbewahrung und Verwendung von Plutonium bestehe, so das Umweltministerium.

In Braunschweig wurden die Strahlenquellen laut Ministerium unter der Aufsicht des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes Braunschweig in zugelassene Behälter verpackt und für den Transport vorbereitet. Offensichtlich ist das Plutonium per Lkw nach Nordenham gebracht worden.

Lange Zeit war verschwiegen worden, dass auf dem Gelände der Entsorgungsfirma Eckert & Ziegler Nuclitec in Thune bei Braunschweig Plutonium lagert. Die Bekanntgabe dieser Tatsache hatte in der Region Braunschweig laut Braunschweiger Zeitung lebhafte Diskussionen ausgelöst. „Auch jetzt wissen wir noch nicht, was sich auf dem Firmengelände befindet. Wir haben keine Inventarlisten bekommen, wir kennen die Gesamtaktivität nicht“, sagt Dr. Thomas Huk von der Bürgerinitiative Strahlenschutz BISS.

Das Plutonium ist mit 25 Brennelementen aus dem stillgelegten Forschungsreaktor Geesthacht an Bord eines Spezialfrachters verladen worden. Dieser Transport hat den Nordenhamer FDP-Politiker Manfred Wolf zu einer Reihe kritischer Fragen an das Niedersächsische Umweltministerium veranlasst.

Der Transport war zeitweise von Mitgliedern der Umweltorganisation ContrAtom beobachtet worden. In einer Pressemitteilung kritisiert ContrAtom, dass der Lkw ausgesprochen riskant gefahren sei: „Real fuhr der Atommüll-Transport durch die Stadt Geesthacht mit hohem Tempo, dabei zweimal bei Rot über die Ampel, was eher einer Verfolgungsjagd in einem Krimi ähnelte“, schreibt Bernd Ebeling von ContrAtom.

Durch den Tunnel
Bis zur Abfahrt Hamburg-Curslack sei der Transporter, so Ebeling, von der Polizei begleitet worden. Danach nicht mehr. ContrAtom geht davon aus, dass der Transport durch den Wesertunnel fuhr. Die Anti-Atom-Organisation kritisiert, dass es auch in den USA kein Konzept für die Entsorgung des Urans gebe.

Inzwischen hat sich auch die Grünen-Landtagsabgeordnete Ina Korter zu dem Thema geäußert. „Mich erstaunt, dass ein solcher Gefahrgutumschlag in einem derart stadtnahen Hafen genehmigt wird“, betont sie und zeigt sich verärgert über die Geheimhaltung der Aktion. Selbst die Stadt Nordenham war, wie die Recherchen der Kreiszeitung ergeben haben, nicht
informiert.

Plutonium-Beryllium
Plutonium gilt als der gefährlichste Stoff, der auf der Welt existiert. In Kombination mit Beryllium ist Plutonium auch zu Messzwecken eingesetzt worden. Über Jahre lagerten solche sogenannten Plutonium-Beryllium-Quellen in Thune in der Nähe von Braunschweig auf einem Firmengelände.

Autor: Christoph Heilscher