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2019-03-15 Lüchow (Fridays for future) - 080

„Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut!“

Schüler*innen, Eltern, Lehrer*innen und viele mehr beteiligten sich heute in Lüchow am internationalen Klimastreik #fridaysforfuture. Der bunte Demozug führte vom Schulzentrum quer durch die Stadt.

Hopp Hopp Hopp – Kohle Stopp!

Vor dem Kreishaus wurde eine kleine Zwischenkundgebung abgehalten. Die Demo endete auf dem Marktplatz, wo von der Bühne deutliche Forderungen an die Politik gerichtet wurden. #stopkohle Etwa 400 nahmen teil.

Überall auf der Welt beteiligten sich Menschen an dem Protest-Aufruf der Schüler*innen: Insgesamt fanden Aktionen in 2.038 Städten in 125 Ländern statt. Allein in Deutschland waren 300.000 auf den Beinen. Weltweit sollen es mehr als eine Millionen gewesen sein.

Fotos von I&W. Lowin:

Parole: Niemals aufgeben

Leserbrief in der Elbe Jeetzel-Zeitung von Mathias Edler, Kussebode (seit vielen Jahren BI-Mitglied, ehem. Pressesprecher)

Schon länger „nervt“ meine 15-jährige Tochter mit täglichen Einlassungen wie: „Schon wieder Fleisch zu Mittag“ oder „Zwei Mal an einem Tag mit dem Auto nach Lüchow fahren“ oder „Dein Einkauf besteht zur Hälfte aus Plastik“. Immer gefolgt von der Frage: „Muss das sein?“ Ich bin zu dem Schluss gekommen: Nein, es muss nicht sein. Allein: Es mangelt mir im Alltag häufig an Konsequenz. Jetzt geht meine Tochter auf die Freitag-Demos gegen den Klimawandel. Vorbild: das konsequente Handeln der 16-jährigen Schwedin Greta Thunberg, Initiatorin der Aktion „Fridays For Future“.

Thunberg erreicht Jugendliche in ganz Europa auch deshalb, weil sie selbst der komplette Gegenentwurf zum üblichen Instagram-Influencer-Schema in sozialen Medien ist. Sie ist gerade nicht auf möglichst viele Facebook-Likes aus, wie eine Lehrerin an der KGS Clenze vor ihrer Klasse behauptete. Um im Nachsatz den Schülern vorzuwerfen, sich vor einen Karren spannen zu lassen. Wörtlich: „Das haben wir in der deutschen Geschichte schon mal gehabt.“ Nee, Frau Lehrerin, schon mal gehabt haben wir, dass Leute die Schnauze gehalten haben, als noch genügend Zeit war, sie aufzumachen.

Greta Thunberg hat das Asperger-Syndrom, eine Autismus-Variante. Vielleicht befähigt sie gerade das, stur an ihrem Weg festzuhalten. Und solche Sätze zu sagen: „Erwachsene sagen immer wieder: Wir sind es den jungen Leuten schuldig, ihnen Hoffnung zu geben. Aber ich will eure Hoffnung nicht. Ich will, dass ihr in Panik geratet, dass ihr die Angst spürt, die ich jeden Tag spüre. (…) Ich will, dass ihr handelt, als wenn euer Haus brennt. Denn das tut es.“

In München haben Schülerinnen vor Kurzem gehandelt und ihren Schulparkplatz blockiert: gegen überflüssige, klimaschädliche „Elterntaxis“, mit denen viele Kinder täglich zur Schule gekarrt werden, um ihnen S-Bahn, Bus oder das Fahrrad zu ersparen. Väter im SUV rasteten aus, zeigten erbost den Mittelfinger. Am nächsten Tag standen die Schülerinnen mit ihrem Transparent auf dem Bürgersteig – verfügt vom Ordnungsamt der Stadt: Sie dürften nichts blockieren. Sofort sahen sie einen anderen Finger an der jetzt freundlich grüßenden Hand der selben Helikopter-Eltern: Daumen hoch und „Super, dass Ihr Euch einsetzt“.

Solange Protest niemanden behindert, ist er gut, beruhigt er doch das Gewissen, und alles kann genauso weitergehen. Was, wenn die Jugendlichen weitermachen? Zwingen Eltern sie dann freitags zum Unterricht (vielleicht auch noch mit dem Hinweis „Denkt an Eure Zukunft“)? Die gleichen Eltern, die im Wendland noch vor wenigen Jahren erkannt hatten, dass sich nur dann etwas ändert, wenn Protest blockiert, aufhält, stoppt? Und zwar immer wieder? Hieß die Parole nicht: „Niemals aufgeben“?

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Jan Becker

Jan hat jahrelang die Webseite contratom.de betrieben, schreibt heute den Blog von .ausgestrahlt und betreut die Webseiten der BI und des Gorleben Archiv.