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Am 22. Mai 2014 nahm die Endlagerkommission die Arbeit auf. Dagegen hat die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg in Berlin und in Gorleben protestiert. Die Kommission als Teil des Standortauswahlgesetzes suggeriere, dass die Endlagersuche neu gestartet werde. Statt wirklich einen Schlussstrich unter die Tricks, Lügen und Verdrehungen der letzen drei Jahrzehnte zu ziehen, bleibe Gorleben als Standort gesetzt, so die BI. Durch das Gesetz und das Beteiligungsverfahren - die Endlagersuchkommission - sollen Umweltverbände eingebunden werden, um Gorleben im Nachhinein zu legitimieren. "Welch Zeitverschwendung", so die BI, "dass nun zwei Jahre lang offen und versteckt über einen Standort gestritten wird, statt eine umfassende Atommülldebatte einzuleiten!" Im Bild: Wolfgang Ehmke, Pressesprecher der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg 

Ort: Berlin
Copyright: Kina Becker
Quelle: PubliXviewinG

In the Year 2030

Es gibt, was „Gorleben“ im Jahr 2030 angeht, leider zwei sehr wahrscheinliche Szenarien, die unterschiedlicher nicht sein können. Hintergrund: der offizielle Zeitplan der Endlagersuche sieht vor, dass 2031 der Standort benannt wird.

Entweder fällt der Salzstock Gorleben-Rambow bei einer vergleichenden Endlagersuche schon im Herbst 2020 heraus, weil die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) dann ihren „Zwischenbericht“ vorlegt und klar wird, dass dieser Salzstock in einer neotektonischen, aktiven Störungszone liegt und dass das löchrige Deckgebirge, aber auch die Hydraulik in den Flankenbereichen, die sogar Brunnen versalzt, nicht dazu taugen, Radioaktivität von der Biosphäre fernzuhalten.

Das wird im Kern dann auch politisch akzeptiert. Vielleicht gibt es im Anschluss daran noch eine kleine „Ehrenrunde“, ein politisches Nachbeben, weil dieses Ergebnis in gewissen Kreisen für Irritationen sorgt und erst zwei, drei Jahre später wird in dem Endbericht der BGE, in dem dann obertägig zu erkundende Standorte ausgewiesen werden, der Deckel drauf gemacht. Gorleben ist nicht länger dabei, dann wäre der Weg frei für einen Rückbau des Bergwerks und vorübergehend würde noch einmal emsig vor Ort gearbeitet. Denn mit dem Salz, das auf Halde liegt, werden die Strecken verfüllt und am Ende die grüne Wiese wiederhergestellt, in diesem Fall würde eine Heidelandschaft entstehen oder es würde wieder aufgeforstet. 2030 ist man damit noch voll beschäftigt, mit dem Abbau des Salzes und der Verfüllung des ehemaligen Endlagerbergwerks.

Eine gesonderte Rolle spielt das Lager für hochradioaktive Abfälle, das Castorlager. Bis zum Beginn einer Endlagerung – das Verfahren ist 2030 bereits deutlich im Verzug und die Endlagerung wird nicht im Jahr 2050 beginnen können – muss das Castorlager in Gorleben nachgerüstet werden, das Genehmigungsverfahren dafür ist 2030 in einer vorentscheidenden Phase und die Bürgerinitiative Umweltschutz plädiert unverdrossen für einen Neubau, weil das veraltete Lager keine Sicherheit gegen Angriffe und Terrorschläge bietet – der Abriss der benachbarten Pilot-Konditionierungsanlage allerdings lässt immer noch auf sich warten.

Das zweite Szenario ist düster:

Gorleben fiel nämlich trotz der politischen Versprechungen bei einem Vergleich nicht gleich zu Beginn aus dem Verfahren heraus und der Gorleben-Streit flammt wieder auf. In dieser ersten Phase, in der die obertägig zu erkundenden Standorte benannt werden, müssen diese durch den Bundestag durch ein Gesetz beschlossen werden. Schwarz-Grün im Bund blockiert sich jetzt seit zwei Legislaturperioden gegenseitig, die Länderinteressen wie der in Bayern und Niedersachsen stehen gegeneinander und das aus vergangenen Zeiten bekannte politische Patt in Sachen Gorleben erlebt eine Renaissance, es hat zur Folge, dass der Salzstock Gorleben-Rambow immer noch im Rennen bleibt. Das wiederholt sich jetzt noch einmal, als die untertägig zu erkundenden Standorte per Gesetz festgelegt werden. Im Jahr 2030 steht die finale Entscheidung bevor, wie der Standort für Endlagerung hochradioaktiver Abfälle heißt: Ton, Granit oder Salz. Oldenburger Ton, Saldenburger Granit oder Salzstock Gorleben-Rambow. Je näher das Jahr der Standortentscheidung heranrückt – bisher ist man deutlich um einige Jahre im Verzug -, desto lauter werden Stimmen in den Unionsparteien und der AfD, dass in Gorleben bereits die unterirdische Infrastruktur für ein Endlagerbergwerk vorhanden ist und dass mit Blick auf die leeren Haushaltskassen Gorleben der Notnagel für die Endlagerung sei.

Eine gesonderte Rolle spielt das Lager für hochradioaktive Abfälle, das Castorlager. Die bundeseigene Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) greift das Argument der Bürgerinitiative Umweltschutz auf und baut neu: dicke Wände gegen Angriffe und Terrorschutz. Der Abriss der benachbarten Pilot-Konditionierungsanlage wird vorangetrieben, um Platz zu schaffen für neue Zwischenlagerkapazitäten, bis zu 1.900 Stellplätze müssen insgesamt als Pufferlager für die Endlagerung geschaffen werden. Dazu kommt der Bau einer Konditionierungsanlage, weil klar wird, dass die Castorbehälter nicht endgelagert werden können, man braucht dafür ganz andere Lagerbehälter, die 500 Jahre robust gegen Korrosion und rückholbar sind…

Diese düstere Entwicklung wird gegenwärtig allenthalben verdrängt. Sie würde das gesamte politische Leben und die Zukunftskonzepte im Wendland bestimmen. Wer das verhindern will, muss sich jetzt zu Wort melden und sich einmischen: verbalargumentativ und demonstrativ.

Anmerkung: dies ist die ungekürzte Fassung, die der Elbe-Jeetzel-Zeitung zu ihrer Serie vorlag, wie es im Jahr 2030 im Wendland aussehen wird…

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Wolfgang Ehmke

Wolfgang ist langjähriger Pressesprecher der BI.