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Harsche Kritik ist geboten
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) erklärt zum Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Fukushima, der Aufenthalt in der Region sei unbedenklich. Das BfS gibt „grünes Licht“ mit ihrer Unbedenklichkeitsbescheinigung für die Olympischen und Paralympischen Spiele, die vom 24. Juli bis zum 9. August 2020 stattfinden, einige Baseball- und Softball-Wettkämpfe finden sogar in Fukushima City statt.
„Als Auftakt der Olympischen Spiele soll am 26. März 2020 der olympische Fackellauf in der Präfektur Fukushima beginnen. Eine zusätzliche Strahlenbelastung für den Menschen ergibt sich inzwischen – wenn überhaupt – aber nur noch durch die auf dem Boden abgelagerten, radioaktiven Kontaminationen“, schreibt die BfS-Präsidentin Inge Paulini.
Paulini, betont: „Der Unfall im japanischen Kernkraftwerk Fukushima Daiichi im Jahr 2011 hatte gravierende Folgen für die Menschen und die Umwelt in der Region. Wer die Gegend aber heute besucht, muss sich keine Sorgen machen. Die Strahlenbelastung ist inzwischen auf ein Niveau gesunken, das den Aufenthalt dort unbedenklich macht – auch für Sportlerinnen und Sportler.“
Ein derartiges Statement kann niemand, der sich mit der Lage vor Ort befasst, unkommentiert lassen. Der Wissenschaftsjournalist Andreas Singer hält dagegen. In seiner Replik schreibt er u.a.:
„Nicht nur gibt es selbst in Fukushima-City, rund 70 Kilometer entfernt vom AKW Fukushima Daiichi, durchaus noch Hotspots, die ein Vielfaches der offiziell bekannt gegebenen Werte betragen können. Entlang der Nationalstraße 6 und vorbei am havarierten Atomkraftwerk Fukushima Daiichi ist selbst nach intensiver Dekontamination die Strahlung häufig noch – wen sollte es auch wundern – so erhöht, dass nach gesetzlichen Regelungen neuerlich dekontaminiert werden muss (…). Und dass die nach dem Atomunfall 2011 zunächst evakuierten Gemeindegebiete in der Nähe von Fukushima Daiichi auf der Basis einer absurden Grenzwerterhöhung um den Faktor 20 zum größeren Teil bereits – auch unter Ausübung ökonomischen und moralischen Zwangs – für die Wiederbesiedlung freigegeben worden sind, ist ein vom Menschenrechtsbeauftragten der Vereinten Nationen heftig kritisierter Skandal. Überflüssig beinahe zu erwähnen: Kein Wort dazu vom BfS im Olympiajahr.
Und in seiner Unbedenklichkeitserklärung selbst für den olympischen Fackellauf in Nähe des Atomkraftwerks Fukushima Daiichi geht das BfS mit keinem Wort auf die durch Greenpeace im vorigen Herbst gefundenen Hotspots am nationalen Fußball-Trainingszentrum J-Village, dem Startpunkt des olympischen Fackellaufes am 26. März, ein. Die Umweltorganisation maß dort statt der laut BfS angeblich doch so unbedenklichen Luftdosen Werte von bis zu schier unfassbaren 70 Mikrosievert pro Stunde. Auch die daraufhin von der Journalistin Oshidori Mako enthüllten, auf Messungen des AKW-Betreibers TEPCO zurückgehenden und zunächst nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Bodenkonzentrationen von mehr als einer Million Becquerel pro Kilo im selben Areal des J-Village im Anschluss an die Greenpeace-Enthüllungen, bleiben im Persilschein des BfS vollkommen außen vor. Kurz vor dem 9. Jahrestag der Katastrophe haben zudem drei über die Jahre hinweg mit eigenen Messungen betraute Bürger in einer Pressekonferenz vor dem Foreign Correspondents’ Club of Japan auf weitere Hotspots entlang der Route für den olympischen Fackellauf aufmerksam gemacht.“
Weiterlesen auf: www.andreas-singler.de/2020/03/11/bundesamt
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