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A&A

Der Countdown läuft: am 30. September wird die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) ihren Zwischenbericht veröffentlichen. Vorangegangen ist die Auswertung von Geodaten aus allen Bundesländern, und nach Anwendung der geowissenschaftlichen Vorgaben des Standortauswahlgesetzes (StandAG) wird dann klar, welche Regionen für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle als „günstig“ eingeschätzt werden. Diesen Zwischenbericht zu debattieren, die Folgen auszuloten und Stellung zu beziehen, das ist die Aufgabe der Fachkonferenz Teilgebiete, damit greift im Anschluss an die Vorstellung des BGE-Zwischenberichts das erste Beteiligungsformat, eben jene Fachkonferenz Teilgebiete. Diese wiederum wird von einer Bundesbehörde einberufen, dem BASE (Bundesamt für die Sicherheit nuklearer Entsorgung). Die Forderung aus Umweltorganisationen, Bürgerinitiativen und gar dem Nationalen Begleitgremium (NBG), das laut Gesetz die Endlagersuche begleiten soll, zuerst eine „Lesezeit“ von rund drei Monaten zuzulassen, wurde vom BASE bisher zurückgewiesen. Alles Bitten, alles Fordern half nicht. Dabei hätte das Atommüllbundesamt nur umzusetzen brauchen, was ihr in einem Gutachten, das es selbst bestellt hatte, empfohlen wurde.

Das erste A steht für asymmetrisch

Es umschreibt, dass es keine Augenhöhe im ersten formalen Beteiligungsschritt geben wird. Vieles ist derzeit noch ungeklärt. Die Zahl der Teilgebiete, deren Zuschnitt. Und die Verfahrensfragen sind ohnehin noch ungeklärt. Am 30. September wird von der BGE das Geheimnis gelüftet und dann ist klar, wer von der Endlagersuche betroffen ist.
Das wird ein Schock für einige sein. Wie sollen die Menschen in den Teilgebieten, deren kommunale Vertreter*innen, Leute aus den Umweltverbänden und Bürgerinitiativen, wenn es die dann schon gibt, auf Anhieb und auf Augenhöhe mitreden, widersprechen, mitentscheiden können?

Um Formen der Partizipation auszuloten, hatte das BASE ursprünglich einen Forschungsauftrag an das Unabhängige Institut für Umweltfragen (UfU) erteilt. Unter dem Titel „Erhebung, Analyse und Bewertung von Maßnahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung im Standortauswahlverfahren“ hat das UfU am 3.1.2018 eine Reihe von Umsetzungsmöglichkeiten und Gelingensbedingungen vorgestellt.

Ziel der UfU-Expertise war, dem BASE Möglichkeiten aufzuzeigen, wie Partizipationsmöglichkeiten über das hinaus, was im StandAG angeführt wurde, aufzuzeigen. Das StandAG gestattet lt. §5.3 dem BASE ausdrücklich die Fortentwicklung von Beteiligungsformen über die „gesetzlich geregelten Mindestanforderungen“ hinaus. Das hätte im Vorfeld so aussehen können, dass der Verfahrensträger, die BGE, ihre Arbeitsergebnisse Stück für Stück veröffentlicht, damit sich Betroffene rechtzeitiger und umfassender mit dem Zwischenbericht auseinandersetzen können. Aber das BASE hat das abgeblockt, der große Knall wird präferiert.

Abgeblockt wurden auch alle Überlegungen, wie Menschen, die sich dann an der Fachkonferenz Teilgebiete beteiligen wollen, dafür nicht auch noch draufzahlen müssen. Die Idee war im Raum, ob eine Teilnahme – weil die Konferenzen i.d.R. unter der Woche stattfinden, über Bildungsurlaube ermöglicht werden kann. Die Anreisekosten werden vielleicht für Privatpersonen, die nicht für einen Verband oder als Vertreter der Gebietskörperschaften anreisen, erstattet, vielleicht. Die Übernachtungskosten nicht….
Und am gravierendsten ist wohl, dass es kein Budget des BASE für wissenschaftliche Expertise geben wird, die in den Teilgebieten dringend benötigt wird. Das Atommüllbundesamt redet sich darauf hinaus, dass laut Gesetz auch Wissenschaftler*innen Mitsprachemöglichkeiten haben und dass wir auf das NBG zugehen sollten, um dort die Expertise zu bestellen. Es ist zum Heulen, denn wer wird schon geowissenschaftliche 3 D – Modelle „lesen“ können, wer kennt den Unterschied zwischen Sockel- und Scheitelstörungen und was unterscheidet diese von Störungszonen. Dazu braucht es eine „Lesehilfe“.

Da drängt sich der Gedanke auf, ist das vielleicht so gewollt?! Man soll gar nicht auf Augenhöhe mitreden können?

Das zweite A steht für asynchron

Da fasse ich mich kürzer. Es ist an Absurdität kaum zu überbieten, dass die Fachkonferenz Teilgebiete einen Bericht fertigt, den die BGE dann „berücksichtigen“ muss, wenn in diesen sechs bis neun Monaten, die bis zur Abgabe des Berichts verbleiben, die BGE natürlich nicht die Pforten schließt oder ihre Beschäftigten nur herumreisten, um in den 60 bis 90 Teilgebieten Rede und Antwort zu stehen, sondern weiterarbeitet. Die BGE wird weitere Geodaten geliefert bekommen, auch analoge, und mit ihren Tools die Ausschlusskriterien, Mindestanforderungen und Abwägungskriterien auf die festgestellten Teilgebiete anwenden.

Wenn dann der Bericht der Fachkonferenz Teilgebiete vorgelegt wird, der den BGE-Zwischenbericht kritisiert, würdigt, dann beschreibt dieser Bericht aller Betroffenen, Interessierten, ja auch der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich aus freien Stücken das genau angesehen haben, den Arbeitsstand von neun Monaten zuvor, den berühmten Schnee von gestern.
Man könnte nun annehmen, dass das erste Beteiligungsformat vom Gesetzgeber gar nicht durchdacht wurde und dass dieser Verfahrensfehler erst jetzt, wo es losgeht, auffällt. Dann aber müsste und könnte das BASE aktiv werden, um ihn zu heilen. Man hätte wichtige Informationen und Ergebnisse – zum Beispiel zu Gebieten, die wegen seismischer Aktivitäten herausfallen oder die herausfallen, weil sie durch den Bergbau geschädigt sind – Schritt für Schritt fortlaufend und vor dem endgültigen Zwischenbericht veröffentlichen können. Es ist auch nicht vorgesehen, dass die BGE nach der Vorlage des Zwischenberichts dann weitere Monatsberichte veröffentlicht, damit die Fachkonferenz Teilgebiete Einblick nehmen kann.

Das BASE beharrt auf dieser ersten Fachkonferenz Teilgebiete am 17./18. Oktober, die Räume in Kassel sind schon angemietet. Wie ein Luftballon zerplatzen die Versprechungen von Partizipationsmöglichkeiten und über allem prangen trotz alledem in großen Lettern die Versprechen, es handele sich um ein lernendes und partizipatives Verfahren.
In Wirklichkeit ist der Start des Endlagersuchverfahrens völlig verfahren und das BASE erweist sich als nicht lernfähig, sondern schaltet auf stur und unterläuft somit das Wichtigste: Vertrauen in das Such verfahren zu schaffen.

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Wolfgang Ehmke

Wolfgang ist langjähriger Pressesprecher der BI.