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Endlagersuche – Irritationen am Wegesrand

Die Rollenverteilung bei der Endlagersuche für hochradioaktive Abfälle ist per Gesetz eigentlich wie folgt geregelt: die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) wertet Schritt für Schritt die Geodaten aus, die ihr von den geologischen Landesämtern zunächst digital, dann auch analog geliefert wurden bzw. weiter werden. Die BGE greift auch auf andere Quellen zurück, wertet Literatur aus, kooperiert mit der Bundesgesellschaft für Geowissenschaften und Rohstoffe und akademischen Einrichtungen… Im ersten Vergleichsschritt ist nun – für uns letzlich nicht überraschend – der bisherige Standort Gorleben aus dem Suchverfahren herausgefallen. Doch der Präsident des Atommüllbundesamtes BASE, Wolfram König, sorgt für Irritationen…

Der Salzstock Gorleben-Rambow wurde über drei Kriterien, wie sie im Standortauswahlgesetz (StandAG) vorgegeben waren, ausgeschlossen: Über das Rückhaltevermögen, hier wurde der Indikator Kd-Wert, also die Dissoziationskonstante, gerissen. Das nächste Kriterium ist die Bewertung der hydrochemischen Verhältnisse, der pH-Wert wurde hier als nicht günstig eingestuft. Und dann das Deckgebirge: Hier wurden alle drei Indikatoren als ungünstig bewertet. Natürlich hätte man letzteres seit Duphorn wissen können …

Das schlug Wellen, denn aus Bayern war zuvor eine doppelte Botschaft zu vernehmen: In Bayern würde man keine Gesteinsformationen auffinden können, die für eine Endlagerung des Atommülls geeignet seien – und die Endlagersuche sei überflüssig, weil man mit Gorleben bereits einen Standort gefunden habe. Sofort wurde unterstellt, dass das Ausscheiden Gorlebens politische Gründe gehabt habe. Dabei wird die Sache auf den Kopf gestellt: es waren bekanntermaßen politische Gründe, die zur „Wahl“ Gorlebens geführt hatten – und nun, nach 43 Jahren siegte die Vernunft.

Wolfram König ist Präsident des Atommüllbundesamtes, das in diesem neuen Suchverfahren in dieser ersten Phase für die Öffentlichkeitsbeteiligung zuständig ist. Sein Bundesamt für die Sicherheit der kerntechnischen Entsorgung (BASE) organisiert gerade die Fachkonferenz Teilgebiete. Aufgabe der Fachkonferenz ist es, den BGE-Bericht zu kommentieren. Am Ende – unter Berücksichtigung dieses Berichts – legt die BGE ihren Endbericht vor und schlägt vor, welche Standorte übertägig verglichen werden sollen.

Im StandAG ist klar geregelt (§§14.2 und 15.1), dass erst an dieser Stelle das BASE neben der Rolle als Partizipationsbehörde auch einen Prüfauftrag hat… Trotzdem nimmt Herr König als Präsident des BASE in einem Zeitungsinterview zum BGE-Bericht Stellung (SZ 15.Oktober)

Sie selber haben immer wieder auf Unzulänglichkeiten des Salzstocks
Gorleben hingewiesen. Nun ist er schon im ersten Schritt rausgefallen.
Zufrieden?

Dass Gorleben in einem vergleichenden Verfahren keine Chance hat, ist
für mich nicht überraschend. Ich hatte 18 Jahre Betriebsverantwortung
für das Bergwerk, ich kenne die Schwachstellen. Dass Gorleben aber schon
im ersten Schritt rausgefallen ist, noch vor einer Beteiligung der
Öffentlichkeit, halte ich für problematisch.

Wieso?

Weil es in der Öffentlichkeit grundsätzliche Fragen aufwirft, dass zwar
54 Prozent der Fläche Deutschlands im weiteren Verfahren betrachtet
werden, aber Gorleben nach Auffassung der BGE herausfallen musste. Wie
passt dieses Ergebnis mit dem über Jahrzehnte erweckten Eindruck
zusammen, dass der Salzstock als Endlager schon geeignet sei? Meine
Sorge ist, dass diese Entscheidung das weitere Verfahren nicht
erleichtert, sondern belastet.

Das mussten wir gleich zweimal lesen… Der Chef des BASE fährt der BGE in die Parade. Gerade wurde die Endlagersuche erleichtert, weil sie an Glaubwürdigkeit gewonnen hat, weil die Last, der Schatten der Vergangenheit der Vergangenheit angehört – wohlgemerkt wissenschaftsbasiert. Inzwischen ruderte König in einem weiteren Interview (TAZ) in seinem Wording etwas zurück. Was bleibt: er überschreitet durch seine Kommentare zu Gorleben seine – gesetzlich geregelte, siehe §§14.2 und 15.1 StandAG – Kompetenz.
Wir können an dieser Stelle der Bundestagsabgeordneten Sylvia Kotting-Uhl nur beipflichten, wenn sie die bange Frage aufwirft, ob Herr König das Standortauswahlgesetz kennt.

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Wolfgang Ehmke

Wolfgang ist langjähriger Pressesprecher der BI.