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Beschleunigt sich die Klimakrise?  / Teil 2

Der Gastgeber der COP28, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), plant, bis 2085 38 Milliarden Barrel Öl und Gas zu fördern – mit erheblichen weiteren Reserven, die in dieser Zeit ebenfalls gefördert werden könnten. Würden alle ölproduzierenden Nationen einer solchen Strategie folgen, würde das weltweite CO2-Budget für 1,5°C um ein Vielfaches überschritten.

Diesmal starten wir  schon – mit Blick auf die COP28 – mit einem Nachtrag zum CO2 Restbudget und tragen dann Information zusammen zur sog. Hanson und Mann – Kontroverse um das Thema „Beschleunigung der Klimakrise“ und zu den Plänen der Fossilindustrie (mit kleinem Ausflug zum Thema Quecksilber)

 CO2 – Restbudget – Nachtrag

Statt wie erforderlich gefallen sind die CO2 Emissionen 2022 global um knapp 1 % angewachsen.

https://www.iea.org/news/global-co2-emissions-rose-less-than-initially-feared-in-2022-as-clean-energy-growth-offset-much-of-the-impact-of-greater-coal-and-oil-use

Im aktuellen (14.11.2023) Bericht des UN Klimasekretariats wurden die selbst gemeldeten Verpflichtungen (NDC = National Determined Contributions) der Mitglieder der Weltklimakonferenz (COP) analysiert. Bis 2030 ist damit zwar ein Rückgang der Emissionen zu erwarten, allerdings nur um 2 Prozent. Laut dem Weltklimarat müssten sie sich aber fast halbieren, um die Erderhitzung bei 1,5 Grad zu stoppen.

https://taz.de/Bericht-der-Weltwetterorganisation/!5969797/

https://www.iea.org/news/global-co2-emissions-rose-less-than-initially-feared-in-2022-as-clean-energy-growth-offset-much-of-the-impact-of-greater-coal-and-oil-use

Hanson und Mann Kontroverse – beschleunigt sich die Erderwärmung?

James E. Hansen (James Edward „Jim“ Hansen; * 29. März 1941 in Denison, Iowa) ist ein US-amerikanischer Klimaforscher. Von 1981 bis 2013 war er Direktor des „Goddard Institute for Space Studies“ (GISS) der NASA und Professor für Erd- und Umweltwissenschaften an der Columbia University. Bekannt wurde Hansen besonders in den 1980ern als einer der ersten Wissenschaftler, der eindringlich vor den Gefahren der globalen Erwärmung warnte.  https://de.wikipedia.org/wiki/James_E._Hansen

Michael E. Mann (* 28. Dezember 1965 in Amherst, Massachusetts) ist ein US-amerikanischer Klimatologe. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Paläoklimatologie. Er ist Professor für Meteorologie und Direktor am Zentrum für Geowissenschaften („Earth System Science Center“) der Pennsylvania State University (USA). Mann war einer der Hauptautoren des 2001 erschienenen dritten Sachstandsberichtes des IPCC zur globalen Erwärmung und dort ein Hauptautor des Abschnitts über frühere Klimaänderungen. In diesem Abschnitt wurde seine erstmals 1998 erschienene Rekonstruktion der Temperaturen des letzten Jahrtausends auf der nördlichen Hemisphäre verwendet, die wegen ihres ab dem 19. Jahrhundert nach oben abknickenden Verlaufs als Hockeyschläger-Diagramm bekannt wurde.

https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_E._Mann

In einer Studie, die am 2. November 2023 in der Fachzeitschrift Oxford Open Climate Change veröffentlicht wurde, argumentieren James Hansen und seine Kolleg:innen, dass die Modelle und Vorhersagen des International Panel on Climate Change (IPCC) zu konservativ sind. Tatsächlich sagt Hansens Gruppe, dass ihre Forschung zeigt, dass es bereits Faktoren gibt, die in die atmosphärische und aquatische Umwelt der Erde eingebettet sind, die in naher Zukunft zu einem signifikanten Anstieg der globalen Durchschnittstemperaturen führen werden – ein größerer Anstieg als die IPCC-Prognosen.

https://cleantechnica.com/2023/11/03/hansen-vs-mann-is-global-warming-linear-or-exponential/

Aber obwohl sich die Wissenschaftler darüber im Klaren sind, dass dies Teil eines Aufwärtstrends der globalen Erwärmung ist, gibt es noch keine Einigkeit darüber, dass sich dieser Trend beschleunigt. Michael Mann sagte, dass Hansen und seine Co-Autoren „sehr weit außerhalb des Mainstreams“ liegen, wenn es darum geht, eine Beschleunigung der Oberflächenerwärmung zu identifizieren, die sich „in den letzten Jahrzehnten mit einer bemerkenswert konstanten Rate fortgesetzt hat“.

Ein paar wissenschaftliche Daten zu dieser Kontroverse findet man zum Beispiel im Vortrag von Prof. J. Rockström ( https://www.youtube.com/watch?v=p9ej7yHxaps)

Die volle Auswirkung der Erderwärmung durch den Anstieg der Treibhausgase wurde bisher durch mehrere Faktoren abgemildert:

  • Luftverschmutzung: Ist schädlich und führt zu Millionen Todesfällen pro Jahr und wird nun durch verbesserte Abgasreinigung vermindert. Damit fällt auf der anderen Seite der „kühlende Effekt“ durch die Luftverschmutzung weg und es darf nicht verwundern, wenn sich die Erderwärmung beschleunigt.
  • Die intakte Natur nahm bisher etwa ¼ der jährlich emittierten Treibhausgase auf. Die Zerstörung der Regenwälder (Amazonas) und borealen Wälder (Waldbrand in Kanada) vermindern die Fähigkeit der Natur, einen Teil der Treibhausgase aufzunehmen genauso wie die fortgesetzte Umwandlung der Natur in Nutzflächen (Landwirtschaft, neue Straßen, neue Häuser etc.). Deshalb sind Erhalt und Renaturierung wichtig
  • Ebenso war der Ozean bisher in der Lage, etwa ¼ der jährlich emittierten Treibhausgase aufzunehmen. Ob diese Fähigkeit durch die fortdauernde Erwärmung der Ozeane (und das weltweite Sterben der Korallen) weiter erhalten bleibt ist unsicher.

Mit großen Risiken behaftet ist zudem das Erreichen von Kipppunkten der planetaren Systeme. Während man früher dachte, diese sind noch weit entfernt, rücken diese durch verbesserte Messmethoden immer näher, weshalb der Wissenschaft eindringlich davor warnt, das 1,5°C Limit der globalen Erwärmung zu überschreiten

Erschreckend bleiben die Bobachtungsdaten in diesem Jahr (2023) mit ihren extremen Ausschlägen (s. Teil 1 meines Blogs) und die Unfähigkeit der Weltgemeinschaft angemessen mit dieser Bedrohungslage umzugehen. Aktuell sind wir auf dem Weg zu einer etwa 2,7 Grad heißeren Welt, ein Desaster, um J. Rockström zu zitieren.

In die gleiche Richtung warnt die UNEP (UN Environment Programme) und konstatiert eine „verstörende Beschleunigung“.:

https://www.unep.org/news-and-stories/press-release/nations-must-go-further-current-paris-pledges-or-face-global-warming

https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2023-11/un-bericht-erderwaermung-klimaschutz-beschleunigung

Welche Ziele hat vor diesem Hintergrund die Fossilindustrie. Ein CEO eines großen Erdölproduzenten leitet ja in diesem Jahr die Weltklimakonferenz in Dubai

Pläne der Fossilindustrie

Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (United Nations Environment Programme, UNEP) stellt in seinem aktuellen „Production Gap Report 2023“ fest: „Phasing down oder phasing up? Top-Produzenten fossiler Brennstoffe planen trotz Klimaversprechen noch mehr Förderung“ und kommt zu dem Ergebnis, dass die Regierungen planen, im Jahr 2030 rund 110 % mehr fossile Brennstoffe zu produzieren, als es mit der Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 °C vereinbar wäre, und 69 % mehr, als mit 2 °C vereinbar wäre.

https://www.unep.org/resources/production-gap-report-2023

Der Gastgeber der COP28, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), plant, bis 2085 38 Milliarden Barrel Öl und Gas zu fördern – mit erheblichen weiteren Reserven, die in dieser Zeit ebenfalls gefördert werden könnten. Würden alle ölproduzierenden Nationen einer solchen Strategie folgen, würde das weltweite CO2-Budget für 1,5°C um ein Vielfaches überschritten. https://www.energymonitor.ai/industry/exclusive-cop28-host-uae-to-extract-nearly-40-billion-barrels-of-oil-and-gas-over-70-years/?cf-view

Dabei ist eigentlich klar, dass Öl, Gas und Kohle im Boden bleiben müssen, wenn wir die globale Erderwärmung begrenzen wollen.

Und nun ein kleiner Ausflug zum Thema Quecksilber. Ältere Semester werden sich erinnern, dass früher in Thermometern Quecksilber enthalten war. Da Quecksilberdämpfe giftig sind, musste mit den Thermometern sehr sorgfältig umgegangen werden und sobald ein Thermometer zu Bruch ging, wurden die Quecksilber Kügelchen sorgfältig eingesammelt und entsorgt.

Habt ihr gewusst, dass deutsche Kraftwerke bei der Verbrennung von Kohle jährlich etwa 5 Tonnen Quecksilber freisetzen?

Zum Abschluss eines Blogs bleibt immer die Frage:

Was wäre nötig –   Was können wir tun?

Und die Empfehlung: Werdet sichtbar, vernetzt Euch und unterstützt die Klimaschutzbewegungen !

Klimaaktionsgruppe Hitzacker: Klimaaktion.Hitzacker@posteo.de

Wichtige Termine:

25.11. und 9.12. 2023 Massenproteste von LG und XR in Berlin.

https://letztegeneration.org/

https://extinctionrebellion.de/veranstaltungen/xr_de/stoppt-fossile-subventionen/9593/

29.11.2023, 18:00 Platenlaase: Ulrike Herrmann – Vortrag & Diskussion

https://www.platenlaase.de/veranstaltungen/das-ende-des-kapitalismus/

Vorschau: Im nächsten Teil 3 folgt Information zur COP28, zu CCS (Carbon Capture and Storage) und zu den planetaren Grenzen.

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Thomas Lanz

Thomas engagiert sich in der Klimaaktionsgruppe Hitzacker