Pressemitteilung der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V.

Gorleben-Gutachten eindeutig umgeschrieben – die Süddeutsche Zeitung liefert den Beweis

BI  Umweltschutz: „Gorleben stürzt wie ein Kartenhaus in sich zusammen“ – Erstmalig liegen jetzt Beweise vor, dass die Kohl-Regierung im Jahr 1983 Einfluss auf die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) genommen hat, um trotz der massiven Zweifel der Fachbehörde an der Eignung Gorlebens als nukleares Endlager das politisch gewünschte Gegenteil in deren Bericht hinein zu diktieren.

Vor rund drei Wochen hatte die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) die Akten im Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) einsehen dürfen und war bereits auf Ungereimtheiten gestoßen. Nach Auswertung der Tiefbohrungen im Salzstock Gorleben hatte die PTB auf Sicherheitsdefizite verwiesen und schlug vor, auch andere Standorte zu erkunden. Schon nach 600 bzw. 1170 Jahren, so die PTB in ihrem Entwurf, sei die Gefahr gegeben, dass kontaminierte Wässer an die Oberfläche gelangen würden. Doch diese Aussagen wurden gestrichen und durch die Formel ersetzt, der Salzstock Gorleben sei „eignungshöffig“.

„Der Begriff „Eignungshöffigkeit“ wurde der politische Kampfbegriff der Gorleben-Befürworter für den Ausbau des Endlagerbergwerks, gepaart mit dem Etikettenschwindel „Erkundung“ wurde hier die Öffentlichkeit seit 25 Jahren genarrt“, ergänzt die BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.

Der Schriftverkehr, ein Telefax, das das Forschungsministerium am 13. Mai 1983 an die PTB, die Vorläuferbehörde des heutigen Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) sandte, gibt jetzt letzte Gewissheit, dass der Abschlussbericht geschönt wurde, berichtet die Süddeutsche Zeitung in ihrer heutigen Ausgabe. Demnach stand die gewünschte Wertung der Tiefbohrungen, die nicht die erhofften Eignungsaussagen lieferten, in Bonn schon fest. Die Minister Heinz Riesenhuber (CDU) und Friedrich Zimmermann (CSU) drängten die PTB, das maßgebliche Gutachten in den wichtigen Passagen umzuschreiben. „Dieser Nachweis fehlte uns noch, nun liegt er vor. Wir erwarten ein politisches Beben, das Gorleben als Endlagerstandort in sich zusammenbrechen lässt. Wer noch für die Erkundung plädiert, setzt die Lügengeschichte fort“, so Ehmke.

Unlängst hatte der Hydrogeologe Prof. Dr. Dieter Ortlam, der in den 60er Jahren die Salzwasservorkommen im Raum Gorleben untersucht hatte, an die Öffentlichkeit gegangen und berichtet, dass bei der Wahl des Standorts Gorleben durch die niedersächsische Landesregierung im Jahr 1977 die Niedersächsische Landesanstalt für Geowissenschaften (NLfG) überhaupt nicht um eine Expertise gebeten wurde. „Der Standort ist aus hydrogeologischer Sicht als Atommüllendlager ungeeignet“, warnte der Hydrogeologe auf einer Pressekonferenz der BI am vergangenen Mittwoch in Hannover.

Wolfgang Ehmke, Tel. 0170 / 510 56 06

Chronologie:

  1. Entwurf des PTB-Berichts 5.5.83 – Kernaussage: Anhydrit als Störzone und fehlende tonige Sedimente im Deckgebirge – nach 600 oder 1170 Jahren können kontaminierte Wässer austreten, technische Barrieren sind notwendig, Kostenfrage, deshalb andere Standorte untersuchen – handschriftlicher Vermerk “ am 5.5.83 mit BGR und DBE diskutiert
  2. Neufassung vom 6.5.83 – bereits reindiktiert ist die „Eignungshöffigkeit“, die sei voll bestätigt, immerhin bleibt die Empfehlung, andere Standorte zu erkunden, doch nunmehr aus Gründen der Akzeptanz
  3. Sitzung, zu der unangemeldet Vertreter des Kanzleramts, des Innen- und Forschungsministeriums anreisen, Zeitzeuge Prof. Röthemeyer: „es gab nichts Schriftliches, aber jeder wusste, das war als Weisung zu verstehen“ 11. Mai 83
  4. Telex aus dem Bundesforschungsministerium 13.5.83 mit der – höflichen – Aufforderung, den PTB Bericht so abzufassen, dass niemand über die geologischen Bedenken stolpert…
  5. Der Zwischenbericht erscheint, undatiert Mai 1983, natürlich ist Gorleben eignungshöffig und alles Forderungen, alternative Standorte zu untersuchen sind gestrichen

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