bi-blog

giselacremer

Zum Tod von Gisela Crémer

„Singendes Wendland“ hieß die erste deutsche Lieder-Zeitung, deren erste Ausgabe am 1. Januar 1983 in der Druck- & Verlags-Deel Summa Summarum erschien. Die Deel, das war die Diele von Gisela Crémer in Laase.

Viele Ausgaben folgten noch, zumeist wurde bekanntes Liedgut umgedichtet und als fleißigster Umdichter fungierte Fred Denger, der Lebensgefährte Giselas. Denger verlegte im gleichen Jahr dort auch seine erfolgreiche Bibelparaphrase „Der Grosse Boss“ eine kreuzfidele, bettlerfreche, nonnenfromme Ausgabe des Alten Testaments.

Der Versuch, statt in Gorleben nun im westlichen Zipfel des Landkreises Lüchow-Dannenberg, in Dragahn, eine Wiederaufarbeitungsanlage zu errichten, hatte die Menschen erneut aufgerüttelt. Hatte doch der damalige Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU) erst dreieinhalb Jahre zuvor – 1979 – unter dem Eindruck des Trecks nach Hannover – erklärt, dass es im Landkreis Lüchow-Dannenberg keine WAA geben sollte. Ein „semantisches Problem“, ließ er daraufhin verlauten, als ihm von allen Seiten Wortbruch vorgeworfen wurde, mit Lüchow-Dannenberg sei Gorleben gemeint gewesen…

Das war der Anstoß für Gisela, deren Deel unweit von Gorleben lag, sich fortan mächtig ins Zeug zu legen. Nicht nur singend und demonstrierend im Dragahner Wald. Zunächst kreierte sie den „Dragahn-Rückspiegel“: täglich durchforstete sie überregionale Zeitungen und natürlich die Heimatzeitung, die Elbe-Jeetzel-Zeitung, schnitt akribisch alle Beiträge mit Atomnachrichten, guten wie schlechten, aus und klebte sie auf DIN A 4 Blätter, die wurden mit einem Glossar versehen, gedruckt und gebunden – peu à peu wurde das professioneller und mutierte zu einem weithin nachgefragten Nachschlagewerk für Aktivist*innen und Journalist*innen.

Als die WAA Dragahn schließlich gekippt war – damals erhielt bekanntlich Wackersdorf den „Zuschlag“ -, machte sie weiter und legte monatlich den „Wendland-Rückspiegel“ vor.

Gisela Crémer fand ihre politische Heimat schließlich in der „Ini 60“, den Älteren, die, als sie in die Jahre kamen, bei ihren Treffen gerne Widerstandslieder schmetterten und es sich nicht nehmen ließen, gegen den Castorwahn auf die Straße zu gehen.

Am Ende, als die Kräfte nachließen, umrundete Gisela mit ihren Älteren noch das Endlagerbergwerk mit einer Pferdekutsche und spendierte Marmorkuchen für das BI-Büro. Gisela hat auch einen kleinen Roman verfasst, der 2011 erschien. Der Buchtitel lautet “ Faust in Berlin“ – im Gedenken an Leonard Thurneysser, (16.Jh. ) Fred Denger (20.Jhd.) , Wolfram,der Sänger (20.Jhd.).

Das Buch ist 2011 erschienen

Wir danken dir, Gisela und gedenken deiner, du bist nicht mehr unter uns, aber die Lieder begleiten uns wie der feuerspeiende Drachen aus dem Dragahn-Widerstand.

Avatar-Foto

Wolfgang Ehmke

Wolfgang ist langjähriger Pressesprecher der BI.