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Orwells Enkel

Aus dem Kommunikationshandbuch der BGE – Eine Glosse oder vielleicht auch etwas mehr?

Frei erfunden von Wolfgang Bischoff

Regel Nummer 1:

Tatsache ist: Die BGE ist eine bundeseigene Gesellschaft mit einigen konkreten gesetzlich bestimmten Aufträgen.

Wie gehen wir damit optimal rhetorisch um?
Eine bundeseigene Gesellschaft ist fast eine Behörde. Behörden werden als langweilig wahrgenommen. Daher sollten wir uns nicht als passive, bundeseigene Gesellschaft darstellen. Wenn wir über uns selbst reden, reden wir von uns als “Firma”. Der Begriff ist einerseits neutral und zudem auch nicht falsch. Denn auch eine Gesellschaft – wie eine GmbH ist eine Firma.

Die Behörden verwalten Mittel, die aus Steuergeldern stammt. Dies kann zu kritischen Rückfragen führen.

Eine Firma verwaltet keine Mittel. Ihr eigentliches Ziel ist es, finanzielle Mittel einzusetzen, um Gewinne zu erzeugen. Wir setzen zwar Steuergelder als finanzielle Mittel ein. Die Möglichkeit, Gewinne zu erzielen, haben wir als bundeseigene Gesellschaft nicht. Wie können wir vermeiden, über Steuergelder und Gewinne zu reden und dabei weiter das Bild der “Firma” erzeugen. Die Antwort lautet; Wir reden nicht darüber, woher das Geld kommt und wir reden auch nicht darüber, wie die Gelder eingesetzt werden. Wir reden über die Menge des Geldes, die wir bewegen: Wir reden über den Umsatz der BGE.


Wir reden auch nicht über die Aufträge, an die wir gebunden sind. Wir würden dann nur reagieren. Dem können wir einen Begriff entgegensetzen, der aktives Handeln signalisiert. Lassen Sie uns den Begriff Auftrag nur in Notfällen benutzen – dazu später mehr. Ansonsten realisieren wir Projekte.

Regel Nummer 2:

Tatsache ist; Die Beseitigung der Lasten aus der Atomindustrie erfordert auch einen hohen personellen Aufwand und damit auch hohe finanzielle Lasten, die Folgen der Atomindustrie sind. Die Lasten dafür trägt nicht überwiegend der Atomindustrie. Die Lasten tragen die Regionen, die Atommüll “beseitigen” müssen. Die Lasten müssen auch die Beschäftigten tragen, die mit dem Atommüll “umgehen” müssen oder sollen. An Standorten, an denen konkrete Belastungen schon bestehen, wie in Gorleben und an der Asse, an Standorten, an denen wie an der Asse weitere Belastungen geplant sind.

Wie gehen wir damit optimal rhetorisch um?
Wir müssen keine Menschen beschäftigen, um mit den Folgen der Atomindustrie umzugehen.
Wir reden nicht über die Belastungen der Beschäftigten, der Bevölkerung an den jeweiligen Orten.
Schlichtweg; Wir reden nicht über Probleme.

Wir dürfen auch nicht bei einem “think positiv” stehen bleiben. Das, was wir positiv denken, müssen wir auch positiv sagen. “Think positiv” ist die Mutter von “”Speek positiv”.
Dabei können wir uns auch einen Slogan nutzbar machen, der ins Allgemeingut übergegangen ist. Dieser Slogan lautet: Sozial ist, was Arbeit schafft.

Wir reden nicht über die Probleme und die Risiken. Wir nutzen einen Slogan, der uns auch als gesellschaftlich und soziales Unternehmen darstellt – denn wer Arbeit schafft, ist sozial. Eine Firma, die Arbeit schafft, wird als sozial wahrgenommen.
Machen wir uns dies zunutze und unterstreichen wir die Bedeutung des Standortes, über den wir reden.
Wir bieten Beschäftigung und am Standort. … macht dies einen möglichst hohen Anteil unserer Beschäftigten aus.

Regel Nummer 3

Fakt ist: Jede unserer Aufgaben, erfordert von den Beschäftigten Kraft.

Wie gehen wir damit rhetorisch um?

Wir reden nicht über die Beschäftigten. Die Beschäftigten sprechen wir subtil und über einen Umweg an.

Wir verwenden den Begriff “Kraft” nicht als Aufwand, sondern versuchen ihn ins Volkstümliche zu übersetzen und verwenden damit einen Begriff, der zwar mit der heutigen Zeit nichts mehr zu tun hat, aber im Volksmund immer noch mit unterschwelligem Respekt verbunden ist. Eine Aussage wie “Der oder die arbeitet wie ein Pferd” steht dafür als Beispiel.

Der Kniff dabei ist, dass die Aufgabe als Arbeitspferd definiert wird. Die Beschäftigten sind Bestandteil der Aufgabe und damit auch Bestandteil des Arbeitspferdes.
Und: In der Öffentlichkeit kommt das auch genauso an. Harte Arbeit, der Respekt gebührt. Und de Respekt gebührt damit auch den Menschen, die dort arbeiten.

Diese Aussage darf aber nicht dem Volksmund folgen. Das wäre zu durchschaubar. Deshalb sollten wir damit einen weiteren Begriff verbinden, den jede/r schon einmal gehört hat, aber in der Regel nicht interpretieren kann. Er muss seinen Ursprung nicht einmal in unserem Aufgabengebiet haben. Er muss sich nur gut anhören. Ein Begriff, der sich dafür anbietet, ist der Begriff Grundlast.

Regel Nummer 4

Fakt ist: Die Energiepolitik der Bundesrepublik wird von großen Teilen der Bevölkerung als gescheitert angesehen. Die Notwendigkeit eine Energiewende gewinnt immer mehr an Zustimmung in der Bevölkerung und wird ein positiver Begriff. Wir sind Abwickler der “alten” Energiepolitik und können daher damit in Verbindung gebracht werden. Das daraus entstehende Image können wir aber gar nicht brauchen.

Wie gehen wir damit rhetorisch um?

Die Antwort mag “frech” erscheinen. Aber wie sagt der Volksmund so treffend “Frechheit siegt”.

Was wäre frecher, wenn wir für den Begriff “Energiewende” für uns “kapern” würden?
Und lasst uns die Frechheit grenzenlos betreiben und Schacht Konrad zum Bestandteil der Energiewende machen.

Vom medial negativen Endlager werden wir nicht nur in der Bevölkerung zum medial positiven Bestandteil der Energiewende.

Auch unsere Kritiker werden sich mit einem Akteur der Energiewende schwertun.

Regel Nummer 5

Wir reden nicht darüber, was unsere Projekte tatsächlich sind. Wir verwenden Begriffe, die als “positiv” wahrgenommen werden. Wir initiieren damit einen Imagetransfer.

Dabei reden wir nicht mehr über die Ursache für unsere Aufgaben. Wir stellen die Auswirkungen unserer Arbeit für die Region in den Mittelpunkt.

Dies mag auf den ersten Blick etwas abstrakt erscheinen. Im Zusammenhang mit Schacht Konrad können wir an einem Beispiel die konkrete Version dieses Ansatzes darstellen.

Wir reden nicht über ein Endlager. Stattdessen reden wir über eine Infrastrukturmaßnahme.

Die Wirkung dieses Austauschs von Begriffen wird noch deutlicher, wenn wir das Volumen der Aufwendungen für unsere “Infrastrukturmaßnahmen” darstellen. Doch dabei ist auch Vorsicht geboten. Das alleinige Nennen von Zahlen erzeugt keine emotionale Wirkung. Wir müssen aber auch eine emotionale Ansprache erreichen. Dabei müssen wir Metaphern verwenden, die die Menschen verstehen und die gleichzeitig “das Größte” repräsentieren. Ein Begriff, der diese Wirkung erzeugt und der auch von der großen Mehrheit der Bevölkerung verstanden wird, kommt aus dem Fußball. Es ist die Champions League.

Deshalb reden wir darüber, dass wir uns bei den Investitionen für die Infrastrukturmaßnahmen bei Schacht Konrad in der Champions League bewegen.

Geständnis

Es ist uns nicht bekannt, ob es ein Kommunikationshandbuch der BGE gibt. Wir haben daher Auszüge aus einem fiktiven Kommunikationshandbuch entworfen. Dabei haben wir uns an das gehalten, was George Orwell in seinem Welterfolg 1984 als “Neusprech” beschrieben hat. Wir haben dieses “Neusprech” auf die heutige Zeit und die BGE übertragen.

Eine solche Idee ist immer mit dem Risiko verbunden, dass einige Ausführungen alles völlig irrwitzig, irreal, völlig überzogen oder auch als völliger Unsinn angesehen oder “abgewatscht” werden oder in die Rubrik billige Taschenspielertricks eingeordnet werden.

Verständnis

Es liegt auch weitere Gedanke nahe. Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) ist ein bundeseigenes Unternehmen und allein schon deshalb zur Seriosität verpflichtet. Auch die Tatsache, dass der Umgang mit Atommüll aus sich selbst heraus schon ein “noch mehr” an Seriosität erfordert, liegt nahe. Ein unseriöses Vorgehen in Morsleben, an der Schachtanlage Asse II und bei Schacht Konrad kann sich die BGE gar nicht leisten. Diese Gedanken teilen wir.

Wahrscheinlichkeit

Wahrscheinlich haben wir wieder einmal völlig überzogen und versuchen, die BGE nur in ein schlechtes Licht zu rücken. Vielleicht haut auch einmal ein untergeordneter Mitarbeiter oder eine untergeordnete Mitarbeiterin mal über die Stränge und verwendet unpassende Formulierungen.


Der Geschäftsführung der BGE wird so etwas nie passieren, wie unter diesem Link

https://www.youtube.com/watch?v=TnjvWZgZAcM ab 20:45 zu sehen ist.

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Wolfgang Bischoff